Ein Besuch an der Central Coast: Paso Robles

Dies ist der zweite Teil der Central-Coast-Geschichte, zum ersten geht es hier.

Nach einer Übernachtung in San Luis Obispo, laut einer Studie die Stadt mit der zufriedensten Bevölkerung in den U.S.A., besuchte ich einige Güter in der AVA Paso Robles. Dieses Anbaugebiet ist riesig, mit 7.500 ha unter Reben. Derzeit gibt es Bestrebungen, das Gebiet zu teilen, in einen westlichen und einen östlichen Teil (getrennt durch Highway 101), ich habe mich nur im östlichen bewegt.


Tablas Creek Vineyard, Paso Robles

Meinen ersten Stop legte ich bei Tablas Creek ein, einem Schwestergut von Château Beaucastel in Châteauneuf du Pape. Boden und klimatische Verhältnisse, so sagt man hier, seien denen dort sehr ähnlich. Man arbeitet nach Bio-Grundsätzen und ist mit nur 45 ha Reben ein eher kleiner Betrieb für amerikanische Verhältnisse. Das rote Portfolio hat mich eigentlich durchgehend überzeugt, nur die Preise finde ich ein wenig ambitioniert.

2009 Côtes de Tablas Blanc: 45% Viognier, 28% Rousanne, 20% Marsanne, 7% Grenache Blanc. Sehr schöne kalte Mineralik, Kalk und Apfel in der Nase. Etwas vanillige Note im Mund, Curry-Noten, sanfte Säure, gelbes Steinobst. Kommt mir etwas langweilig vor, die Nase mit der Mineralik verspricht mehr. Essenswein. $25.-, 83 Punkte.

2009 Rousanne: Die Nase erinnert mich spontan sehr an einen badischen Grauburgunder, Gewürze, Fleisch, etwas Rosine. Recht kräftige Säure im Mund, gepaart mit bräunlichen Fruchtnoten, rauchig. Nicht ganz mein Ding. $30.-, 82 Punkte.

2007 Esprit de Beaucastel Blanc: 68% Rousanne, 22% Grenache Blanc, 10% Picpoul Blanc. Hier kommen wir schon eher in meine Region. Leichte Mineralik, etwas Eisbonbon, gelber Apfel, kaltes Fleisch und weißer Pfeffer. Im Mund frisch und gleichzeitig komplex, Apfel, gelbe Steinfrucht, ganz dezenter Gerbstoff, etwas Holz, sehr körperreich. $40.-, 88 Punkte.

2009 Côtes de Tablas: 43% Grenache Noir, 24% Syrah, 18% Cunoise, 15% Mourvèdre. Côtes-du-Rhône-Verschnitt. Schön, frische, rotfruchtige Nase, schöne Mineralik, Andeutung von Gewürzen. Recht fruchtsüßlich, Kirsche, Gewürze, hier kann ich den CdR-Vergleich gut nachvollziehen, sehr zugänglich, obwohl erst vor vier Wochen gefüllt. $30.-, 84 Punkte.

2008 Esprit de Beaucastel: 38% Mourvèdre, 30% Grenache Noir, 26% Syrah, 6% Counoise. Dies ist nun Châteauneuf-Style. Sehr junge, fruchtige Nase, dabei schon Tiefe zeigend, würzig und etwas scharf (14,5% Alkohol). Im Mund Kirsche, sehr rund, viel Fruchtsüße und jung. Könnte etwas mehr Widerstand bieten. $50.-, möchte ich derzeit nicht bewerten.

2006 Esprit de Beaucastel: 45% Mourvèdre, 28% Grenache Noir, 22% Syrah, 5% Counoise. Viel tiefere Nase als der 2008er, Zigarrenkiste, etwas kalkig, ein paar vegetabile Anklänge. Im Mund rosinig und schöne Säure, ganz dunkle Frucht. Diesen CdP-Vergleich nimmt man dem Kellermeister ab. Beeindruckend. $50.-, 91 Punkte.

2008 Tannat: Die übliche Zugabe außerhalb des regulären Programms. Ich zeigte mich ein wenig unwillig gegenüber der Traube, weil ich die Cahors & Madiran-Probe der Bonner Runde von vor einigen Jahren noch in unguter Erinnerung hatte, und als ich dies dem Tablas-Mitarbeiter (ein Franzose) erzählte, fing er an zu lachen. Das hier sei was anderes. Fruchtsüß, sehr zugänglich, Tannine präsent, aber keinesfalls tödlich, Rosine und in der Nase etwas Leder. Dunkle Kirsche. $40.-, 88 Punkte.


Justin Vineyards, Paso Robles

Dieses Weingut bot sich an, da es zum einen von Johnson ausgezeichnete Noten bekommen hatte, und zum anderen am äußersten Westrand des Anbaugebietes liegt und somit eine nette, kurvenreiche Anfahrt durch das Hinterland von Paso Robles versprach. Die Verkostungstruppe vor Ort fand ich etwas arg professionell, die Weine haben mir aber sehr gut gefallen.

2009 Chardonnay: Sehr saubere Nase, dezentes Holz, keine malolaktische Gärung, schöne Mineralik, lässt vor allem Struktur vermuten. Im Mund sehr trocken, in der Tat sehr viel Struktur, dabei kaum Frucht. Möglicherweise öffnet die sich noch. Ein interessanter, allerdings anstrengender Wein mit Potenzial. $21,25, 87+ Punkte.

2009 Viognier: Acht Monte Eiche und daher leicht spürbares Holz, schöne gelbe Steinfrucht, mineralisch. Sehr voller Antrunk, Blumenwiese, Steinfrucht, Pfirsichjoghurt. Beeindruckend. $22,50, 89 Punkte.

2008 Cabernet Sauvignon Paso Robles: Zehn Monate U.S.-Eiche, 100% CabSauv. Sehr viel schwarze Johannisbeere, etwas Rosine. Im Mund weich, viel Paprika und Cassis, Pfeffer, allerdings dann nicht viel mehr. Ein gutes Gerüst, aber die überbordende Cassisfrucht sollte sich verdünnisieren. Vielleicht in drei Jahren? $26,25, 87+ Punkte.

2008 Syrah: 100% Syrah. 40% 16 Monate in frz. Eiche. 15% Alkohol. Kaffee und Pflaume in der Nase. Sehr weich im Mund, Pflaume, Kirsche, Zigarre, schöne Säure. Alkohol im Wesentlichen gut eingebaut, nur im Abgang ein wenig spürbar. $26,25, 89 Punkte.

2008 „Justification“: Ein Blend aus 65% Cabernet Franc und 35% Merlot. 45% für 18 Monate in frz. Eiche. Sehr jung, rote und schwarze Johannisbeere, recht tief auf die zweite Nase, etwas spritig. Im Mund erneut sehr rundlich, viele Johannisbeeren, ich finde das etwas eintönig und langweilig. Das mag aber an meiner Abneigung gegen diese CabFranc-Frucht liegen. Braucht Zeit. $45.-, 86+ Punkte.

2008 Reserve Tempranillo: 90% Tempranillo, 10% CabSauv. 43% für 18 Monate in frz. Eiche. „Süße Mineralik“ fällt mir ein, tief, schwer zu identifizierende Frucht, Rauch und Gummi. Im Mund Rosine, Fruchtsüße, vielleicht nicht ganz so angriffslustig wie es ein vergleichbar junger Rioja wäre, kühl, viel Tannin und Säure vorhanden, beides jedoch angenehm sanft. Schön. $47,25, 91 Punkte.

2008 Isosceles: Ein Blend aus 78% CabSauv, 13% CabFranc, 8% Merlot und 1% Petit Verdot. 65% für 24 Monate in frz. Eiche. Schöne, ausgeglichene Frucht, hochreif, kühle und kalkige Mineralik. Im Mund rauchig, extrem körperreich, süß und auch holzwürzig, aber alles äußerst balanciert. Herrlich. $62.-, 92 Punkte.


Kenneth Volk Vineyards, Paso Robles

Bei näherer Betrachtung hätte dieses Weingut eigentlich in den ersten Teil gehört, da die meisten Weine aus Santa Barbara County kommen und die eigentliche Kellerei auch näher an den dort besprochenen liegt. Der Verkostungsraum liegt nun aber in Paso Robles, also… Kenneth Volk war 1981 einer der Pioniere in der Gegend, verkaufte dann 2003 sein Weingut (aus mir unbekannten Gründen), um ein Jahr später ein anderes zu erwerben, das dann 2006 den ersten Jahrgang unter seiner Leitung produzierte. Durchweg tolles Portfolio. Leider habe ich mir die Preise der Weine nicht notiert.

2007 Chardonnay Bien Nacido Vineyard Santa Maria Valley: Sehr frisch und doch konzentriert, apfelig, mit einem Hauch Rosine. Im Mund Birne, Nuss, spürbare Säure, ein bisschen Butter, Kalk. Sehr, sehr schön. 89 Punkte.

2005 Pinot Noir Bien Nacido Vineyard Santa Maria Valley: Hochreifes Zeug, sowohl im Hinblick auf die verarbeitete Frucht als auch auf den Wein im Glas, sehr würzig, tolle Säure, kreidig, erinnert mich sehr an Burgund, durchaus sehr kräftig, gute Mischung aus U.S. und frz. Stil. (Eine äußerst laute Constellation-Mitarbeiterin neben mir, die innerhalb von zehn Minuten viermal den Begriff „orgasm in a glass“ verwendete, behauptete, das sei klassisch U.S.-Stil – ich weiß ja nicht.) Davon habe ich mir eine Flasche gegönnt. $45.-, 92 Punkte.

2007 Pinot Noir Sierra Madre Vineyard Santa Maria Valley: Im Vergleich zum Vorgänger viel zu jung. Erdbeere. Im Mund süß, Erdbeer/Kirsch-Frucht, sehr würzig. 87+ Punkte.

2008 Mourvèdre Enz Vineyard Lime Kiln Valley: Pfeffer, etwas spritig, kalkige Mineralität. Schöne Struktur, noch etwas ruppig-jung, noch harte Tannine, viel Substanz. 88+ Punkte.

2005 Syrah Santa Barbara County: Etwas brandig? Anorganische Töne, Leberwurst?! Teer und Rauch. Im Mund tolle Struktur schöne Pflaume und Kirsche, lang. Sonderbare Nase, im Mund toll. 90 Punkte.

2006 Cabernet Franc Paso Robles: Viel reifer als bei Justin (auch zwei Jahre älter), nicht so viel Cassis, tief, kalte Mineralität, daneben aber auch etwas Alkohol. Im Mund Kirsche, Gummi, Säure und Tiefe. Wird toll. 89+ Punkte.

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