Riesling Große Gewächse 2014: Nahe

GG2014 Wiesbaden Titelbild 2 (1 von 1)

**** (Sehr guter Jahrgang)

Auch an der Nahe waren die klimatischen Bedingungen durchaus herausfordernd, und so waren die Ergebnisse gemischt, aber insgesamt auf gewohnt sehr hohem Niveau. Die Rieslinge überzeugen erneut mit ihrer besonderen Stärke. Trotz ihrer Dichte lassen sie sich animierend trinken und zeigen oftmals eine bemerkenswerte, ja zuweilen einzigartige Komplexität und Stimmigkeit in ihrem Spiel zwischen Frucht und Mineralität. In der Jugend präsentieren sich manche Lagen gerne verschlossen, aber zahlreiche Verkostungen bezeugen die gute Entwicklungsfähigkeit der Spitzenweine, die gerne erst nach zehn Jahren ihre ganze Vielfalt zeigen.

Die Weine von Emrich-Schönleber waren dieses Jahr eine Überraschung: Sie sind leichtgewichtiger, von großer Feinheit und Fluidität durchzogen. Es sind nahezu leise, noble Rieslinge, die sich heute etwas verhaltener als in den Vorjahren zeigen. Schäfer-Fröhlich sollte seine Weine erst drei bis vier Jahre nach der Abfüllung anstellen, denn die meisten, mit Ausnahme des Strombergs, sind weiterhin deutlich von Gäraromen dominiert. Trotzdem eine ganz starke Kollektion von ihm, besonders das Felseneck und der Halenberg genügen höchsten Ansprüchen. Dönnhoff hat eine homogene Kollektion auf höchstem Niveau vorgestellt mit deutlich unterschiedlicher Charakteristik – hier schmeckt man das Terroir. Diel geht konsequent weiter seinen Weg hin zu schlanken, straffen Rieslingen, was besonders dem Pittermännchen und dem Goldloch gut zu Gesicht steht. Auch der Burgberg war erneut hervorragend. Diel zählt für mich nun eindeutig zur Spitze an der Nahe. Eine überaus erfreuliche Entwicklung zeigen die beiden Großen Gewächse von Joh. Bapt. Schäfer, sie sind deutlich straffer und weniger süß ausgefallen. Teilweise erfreulich niedrige Alkoholwerte an der Nahe.

Meine Favoriten sind:

  • Schäfer-Fröhlich Monzingen Halenberg (95+)
  • Dönnhoff Niederhausen Hermannshöhle (94-95+)
  • Schäfer-Fröhlich Bockenau Felseneck (94-95+)
  • Diel Dorsheim Burgberg (93-94+)
  • Emrich-Schönleber Monzingen Halenberg (93+)
  • Emrich-Schönleber Monzingen Frühlingsplätzchen (93)

Weingut Kruger-Rumpf, Nahe

2014 Münster-Sarmsheim Dautenpflänzer    2017 – 2025    90-91
2014 Münster-Sarmsheim Im Pitterberg    2017 – 2030    92
2014 Bingen Scharlachberg Rheinhessen    2018 – 2022    88-90

Bei Kruger-Rumpf ragt für mich in diesem Jahr eindeutig der Sarmsheimer Pitterberg heraus, ein Riesling mit Zug und Rasse und klarer Frucht. Auch die anderen Weine sind sehr gut bis ausgezeichnet, alle mineralisch geprägt, was bei den Lagen keine Überraschung ist. Eine gelungene Kollektion.

Feines, mittel ausgeprägtes Bukett zeigt der Münster-Sarmsheim Dautenpflänzer mit mineralischer Ausrichtung, rauchig-erdwürzige Mineralität, Kalkstein, erst dahinter zeigen sich Aromen nach Aprikose und Maracuja. Kernobstfrucht, dazu Würze. Am Gaumen betont mittlerer Körper, ein wenig Restsüße schmeckbar, die weitestgehend von der Säure gepuffert wird. Die Säure mit einen feinen Zug, über den gesamten Verlauf zeigt der Wein eine animierende Saftigkeit, sauber, reife Stein- und Kernobstaromatik. Mir persönlich ein wenig zu süß, der 2012 war da straffer, aber trotzdem sehr gelungen, guter Nachhall.

Auch im Münster-Sarmsheimer Pitterberg finde ich ein rauchig-würziges Bukett, vielleicht noch ein wenig ausgeprägter als beim Dautenpflänzer, jugendliche Zitrusfrüchte und unentwickelter Pfirsich, dahinter Kalkstein, sehr sauber. Am Gaumen völlig hinreichende Dichte, feinsaftiger Auftakt, straffer Säurezug, mineralische Pikanz, leicht nussige Aromen, noch etwas unentwickelt, zeigt Tiefe an, sehr nachhaltig und verspielt, gute Länge. Ein ausgezeichnetes Großes Gewächs mit Zug und mineralischem Ausdruck. Die Lage findet leider wenig Beachtung, bringt jedoch dank Devonschiefer und hochmineralischem Boden zuverlässig einen markanten, ungemein mineralischen Rieslingstil hervor mit rassiger Säure samt brillanter Frucht.

Der Bingener Scharlachberg liegt in Rheinhessen, ist nur einen Steinwurf von dem Gebiet Nahe entfernt und in der Umgebung eigentlich die einzige sehr hochwertige Weinlage. Der Wein duftet ausdrucksstark nach reifen Steinfrüchten, die aufgrund ihrer Jugend noch etwas künstlich wirken, Gletschereis, ein Hauch Schiefernoten. Am Gaumen mittlere Dichte, zunächst eine saubere Steinfrucht, dann kommt eine steinige Mineralität mit leicht stumpfen Aromen auf. Die Säure ist reif und zeigt Spiel, animierender Verlauf, guter Nachhall. Ein schöner Riesling, nur die stumpfen Töne sind auffallend, vielleicht ist der Wein noch gezeichnet von der Abfüllung.

Weingut Prinz Salm, Nahe

2014 Wallhausen Johannisberg    2017 – 2022    86+
2014 Wallhausen Felseneck    2020 – 2025    88+

Die beiden Großen Gewächse von Prinz Salm haben mich dieses Jahr nur teilweise überzeugt. Beide zeigen sich nicht auf dem Niveau der Vorjahre. Vielleicht waren die Witterungsbedingungen in Wallhausen in diesem Jahr besonders herausfordernd und sie standen noch unter dem Stress der Abfüllung. Wobei das Felseneck gute Anlagen zeigt und nach längerer Flaschenreifung im günstigsten Fall noch ausgezeichnet werden kann.

Der Wallhausener Johannisberg zeigt ein nicht sehr ausgeprägtes, würziges Bukett, dazu Kakao, hefige Noten, tropische Fruchtausrichtung, gänzlich verschlossen. Am Gaumen von mittlerer Dichte, auch hier die Aromatik geblockt, ja, fast etwas stumpf wirkend, die Säure steht verlassen da und zeigt wenig Spiel, durchaus klare Aromatik, aber die Komponenten spielen nicht miteinander, passabler Nachhall. Der Wein steht vermutlich noch unter dem Stress der Abfüllung, Entwicklung bleibt abzuwarten.

Ähnlicher Eindruck beim Wallhausener Felseneck, das Bukett noch beeinträchtigt von der Hefe, es zeigt wenig an, eine etwas diffuse steinwürzige Mineralität, auch etwas Kalkstein, nicht sehr animierend. Am Gaumen von mittlerer Dichte, schöner saftiger Auftakt, es zeigt sich eine klare Steinfrucht, die etwas von einer verschobenen Würzigkeit bedrängt wird, schiefrige Mineralität, die Säure reif, mit gutem Spiel und Zug, noch unentwickelt, zeigt gute Anlagen, muss zwingend einige Jahre reifen.

Weingut Dr. Crusius, Nahe

2014 Traisen Bastei Nahe    2022 – 2027    88-91+
2014 Schloßböckelheim Felsenberg    2018 – 2022    90-91+

Bei den beiden Großen Gewächsen halte ich den Felsenberg für besonders gelungen, da er herrlich seine Herkunft von Verwitterungsböden vulkanischen Ursprungs zeigt. Die Bastei war dagegen noch sehr verschlossen, der Wein dürfte sich jedoch gut entwickeln. Eine solider bis sehr guter Jahrgang bei Crusius.

Die Traisen Bastei war im Schockzustand und bot sehr wenig an. Nussige Aromen, säuerliche Fruchtaromen, pflanzlich-gemüsige Anklänge, dazu Hefenoten. Am Gaumen mittlere Dichte, auch hier bietet der Wein aromatisch wenig an, man schmeckt die Gärhefe, diverse Küchenkräuter, heute schwer zu beurteilen; der Riesling hat alle Komponenten, wirkt harmonisch, nur wo ist die ausdrucksstarke und zuweilen tropische Frucht dieser Lage? Die Zeit wird es zeigen. Es spricht nichts dagegen, dass der Wein sich ausgezeichnet entwickeln kann.

Beim Schloßböckelheimer Felsenberg riecht man am blanken Fels, dazu intensive tropische Früchte und Aprikosen, reintönig, für mich passt die Süße der tropischen Frucht und die steinige Mineralität nicht optimal zusammen, ich sage dies, um dem Leser meine persönliche Schwierigkeit mit dieser Art der Aromatik zu gestehen, denn das Bukett trägt das Wappen seiner Herkunft auf der Brust und ist daher als gelungen zu bezeichnen. Am Gaumen dicht mit saftigem, ja expressivem Auftakt, süß, was die Aromatik nach reifen Papayas und Mangos verstärkt, dagegen kämpft eine reife, kecke Säure erfolgreich an; hat Zug am Gaumen, herbe Mineralität und Würzigkeit im hinteren Bereich, kräftiger Riesling-Stil, gute Länge.

Schlossgut Diel, Nahe

2014 Dorsheim Pittermännchen    2022 – 2027    90-92+,
2014 Dorsheim Goldloch    2022 – 2030    93+
2014 Dorsheim Burgberg    2022 – 2030    93-95+

Seit einigen Jahren präsentiert Diel eine großartige Kollektion an Großen Gewächsen nach der anderen. Dieses Jahr scheinen mir die Weine noch ein Hauch geschliffener mit ungemein mineralischem Biss ohne dabei die saftigen und hochfeinen Fruchtaromen zu überlagern. Den größten Sprung hat dabei das Goldloch gemacht, so vielschichtig und tief hatte ich die Lage bisher noch nicht im Glas wahrgenommen. Und der Burgberg dürfte im dritten Jahr in Folge in die Kategorie Groß vorstoßen. Wir müssen uns nur gedulden, dann die Weine werden wohl mindestens sieben Jahre Reifezeit benötigen, bis sie alles zeigen, was in ihnen steckt.

Ein sehr klares und ernsthaftes Bukett mit hochreinen Zitrusfrüchten zeigt das Dorsheimer Pittermänchen, ausgeprägte steinwürzige Mineralität, ob seiner Jugend noch etwas kantig, aber die Klarheit begeistert mich. Am Gaumen von mittlerem Körper, betont trockene Stilistik, bietet trotzdem eine saftige Frucht nach jugendlichen Steinfrüchten, leicht grasige Noten, feine Säure, die vielleicht noch etwas mehr Zug entwickeln könnte, überzeugt aber aufgrund seines filigranen Spiels, das ob der Jugend noch etwas beeinträchtigt ist, langer Nachhall. Muss reifen.

Beim Dorsheimer Goldloch finde ich ein dichtes, komplexes Bukett vor mit vielschichtigen mineralischen Noten, Rauch, Asche, feuchte Kieselstein, viel Würze, dahinter tropische Noten – diesgenügt höchsten Ansprüchen. Am Gaumen von betont mittlerer Dichte, es fällt sofort der straffe Säurezug auf, die Mineralität und eben die Säure beißen sich in den Gaumen, dazu eine hochfeine Frucht nach Steinfrüchten und tropischen Anklängen, es wirkt alles harmonisch komponiert, ungemein nachhaltig und crisp, der Wein steht unter Spannung und braucht noch einige Jahr der Reifeentwicklung, sehr langer Nachhall. Ausgezeichnet, könnte gar groß werden. Muss ebenfalls reifen.

Der Dorsheimer Burgberg duftet nach erhitztem Stein, fein-delikate Mineralität, zeigt auch bodenwürzige Aromen wie Kalk, Humus, herrlich komplex und hochfein, noch gänzlich unentwickelt. Am Gaumen perfekt balanciert, da ist Konzentration und Spiel, auch hier zeigt sich eine komplexe Mineralität, die Säure wirkt reif, zeigt Ziel und hat Zug, scheint mir etwas höher im Restzucker zu liegen, was ihm gut zu Gesicht seht und ihn nicht ganz so rücksichtslos erscheinen lässt, ein ausgezeichneter Burgberg mit großer Länge. Dürfte sich nach etlichen Jahren der Reife hervorragend präsentieren. Für mich der dritte Burgberg in Folge, der sich nach Jahren der Flaschenreife zu einem großen Riesling entwickeln könnte.

Weingut Joh. Bapt. Schäfer, Nahe

2014 Dorsheim Pittermännchen    2022 – 2030    92+
2014 Dorsheim Goldloch    2022 – 2030    92+

Den größten Sprung an der Nahe ist für mich Joh. Bapt. Schäfer dieses Jahr gelungen. Die Weine sind schlanker und straffer geworden, sie zeigen mehr Finesse und Zug am Gaumen. Dafür werden die Weine längere Zeit benötigen, bis sie sich harmonisiert haben und ihre Frucht zeigen können – was kein Nachteil ist. Welchen Wein man bevorzugt ist einfach Geschmackssache, ich sehe beide Weine auf ähnlich hohem Niveau.

Das Bukett vom Dorsheimer Pittermännchen war leicht von den Gäraromen beeinträchtigt, zeigte daneben angereifte Steinfrüchte, mineralisch Pikant, erinnert an Basalt und Schiefer, reintönig, macht Vorfreude auf den ersten Schluck. Am Gaumen erstaunlich straff, die Säure zieht markant über den Gaumen, die vorhandene Restsüße stellt sich dem gelungen gegenüber, wenngleich der Wein heute noch unentwickelt wirkt – die Frucht noch gänzlich unentwickelt, der Verlauf aber ist herrlich animierend, nicht zu vergleichen zu den Vorjahren, die immer ein wenig zur Süße neigten, sehr guter Nachhall, dürfte sich ausgezeichnet entwickeln. Ein Riesling für Fortgeschrittene.

Ausgeprägtes Bukett beim Dorsheimer Goldloch – es riecht nach verbrannter Kohle, erhitztem Stein, Brotrinde, dazu Gärhefe, dahinter zeigt sich eine unentwickelte Steinfrucht und tropische Früchte, überaus vielversprechend. Am Gaumen herrlich nachhaltig mit würzig-saftigem Antrunk, auch hier ein von Mineralität und Gewürzen betonter Riesling, die Frucht muss sich noch entwickeln, ansprechender Säurebogen mit Zug und Schwung, sehr gute Länge.

Weingut Dönnhoff, Nahe

2014 Norheim Dellchen    2022 – 2035    93-94+
2014 Niederhausen Hermannshöhle    2022 – 2040    94-95+
2014 Schloßböckelheim Felsenberg    2018 – 2027    92

Die Weine von Dönnhoff zeichnen immer ihr leichtfüßiges Spiel aus. Dieses Merkmal zeigt sich auch in seinen Großen Gewächsen, denen es natürlich nicht an Dichte mangelt, aber diese Dichte wirkt nicht monolitisch, sondern in ständiger Bewegung. In 2014 präsentiert das Gut Weine von hervorragender Güte, alle wieder fein gezeichnet und eben verspielt. Das Dellchen kommt der Hermannshöhle immer näher, aber noch thront der Platzhirsch ganz oben – mit Reife vermutlich eine großer Wein.

Ausdruckstarkes Bukett zeigt das Norheimer Dellchen nach Kernfrüchten, intensive Mineralität, verbranntes Holz, erhitzter Stein, ungemein vielschichtig, macht große Vorfreude. Am Gaumen schon jetzt ungemein trinkanimierend, was an der lebhaften, aber feinsinnigen Säure liegt, da läuft mir das Wasser im Munde zusammen, hinreichend konzentriert, herrlich komplexe Aromatik, zeigt bereits heute sehr viel an, besonders seine mineralische Vielfalt führt mich in die Tiefe, dabei immer verspielt, sehr langer Nachhall, obwohl der Wein einige Grad zu warm in Glas kam. Für mich nochmal eine Steigerung zu den bereits gelungenen Vorjahren.

Auch die Niederhäuser Hermannshöhle kam zu warm ins Glas, daher präsentierte sich die Nase fast überschwänglich ausdrucksstark nach reifen Steinfrüchten, tiefen Kräuterwürzigkeit, viel weißem Rauch, Graphit und Asche, der Kalkstaub reizt die Schleimhäute, eine tiefes und komplexes Bukett. Am Gaumen dicht gepackt, die Mineralität übernimmt bereits im Antrunk das Kommando, enormer Zug am Gaumen, die Säure und die intensiven Fruchtaromen tragen ein herrliches Spiel aus, enorm nachhaltig, langer Nachhall. Lässt sich schon heute mit Genuss trinken, wird sich noch weiter entwickeln. Aller Voraussicht eine großer Wein in zehn Jahren.

Mineralisches geprägtes Bukett, was dem Schlossböckelheimer Felsenberg gut zu Gesicht steht, da es ihm, neben seiner üblichen tropischen Aromatik, den nötigen Schuss Ernsthaftigkeit verleiht; viel Kalkstaub, blanker Stein, zeigt Tiefe an, sehr sauber. Am Gaumen von betont mittlerer Dicht, saftig-mineralischer Auftakt, die Säure ist sehr pikant, ja fast fordernd, passt sehr gut zu den tropischen Fruchteindrücken, insgesamt ein stimmiger Verlauf, packend und doch verspielt, für Freunde der Schloßböckelheimer-Lagen eine echte Empfehlung, sehr langer Nachhall.

Weingut Schäfer-Fröhlich, Nahe

2014 Schloßböckelheim Kupfergrube    2020 – 2028    91-92+
2014 Schloßböckelheim Felsenberg    2022 – 2030    93-94
2014 Bockenau Felseneck    2025 – 2040    94-95+
2014 Bockenau Stromberg    2022 – 2033    93+
2014 Monzingen Frühlingsplätzchen    2022 – 2030    89-91+
2014 Monzingen Halenberg    2022 – 2035    95+

Schäfer-Fröhlich hat dieses Jahr wieder eine geniale Kollektion präsentiert – denkt man sich den mitunter anstrengenden Spontiton weg. Dahinter geht aber die Post ab. Die Weine sind blitzsauber, hochkomplex und dieses Jahr herrlich leichtfüßig, bei allem Zug am Gaumen. Erstaunlich die Konsistenz beim Stromberg und weniger erstaunlich die Spitze – es sind mal wieder das Felseneck und der Halenberg, beides große Rieslinge mit Charakter und Tiefgang. Beide genügen höchsten Ansprüchen werden aber vermutlich 7-10 Jahre Flaschenreife benötigen. Für mich die Kollektion des Jahres an der Nahe.

Das Bukett der Schloßböckelheimer Kupfergrube wird überlagert von den Hefen der Spontanvergärung, die es mir nicht leicht machen noch „dahinter“ etwas zu riechen, vielleicht ein Hauch Kräuter und tropische Anklänge, sonst nicht viel. Am Gaumen von betont mittlerem Körper, spürbare Restsüße, die tropischen Noten treten nun deutlicher hervor, wenngleich der Wein auch hier von den Hefen dominiert wird, wirkt er sehr reintönig, die Säure fein und verspielt, viel Zug und gute Nachhaltigkeit, dürfte aber etwas weniger süß sein, sehr langer und nuancierter Nachhall.

Auch der Schloßböckelheimer Felsenberg ist in der Nase gezeichnet von der spontanen Gärhefe, zeigt aber daneben mehr an, allem voraus rote Beeren, weiße Johannisbeeren, sprich: er ist noch gänzlich unentwickelt. Am Gaumen betont mittlerer Körper, die Säure zieht mächtig über den Gaumen, rassig könnte man sagen, dazu sehr jugendliche tropische Früchte, noch dropsig, der Wein wird im Verlauf nie süß und erhält sich stets eine bemerkenswerte Frische, vielschichtige und tiefe Kräuternoten und eine Mineralität, die sich immer wieder wandelt, sie zeigt würzige Aromen, ist aber überwiegend vom Stein geprägt. Ein überaus gelungener Felsenberg, der jedoch etliche Jahre der Reife benötigt, damit die Frucht voll entfalten kann.

Der übliche Stinker findet sich auch beim Bockenauer Felseneck wieder, dahinter aber ein Feuerwerk aus hochfeiner Steinfrucht, weißen Beeren undgrünen Äpfeln; dazu frisch geschnittene Gräser, kühle Mineralität, glockenklar. Am Gaumen das schlankeste oder auch feinste Große Gewächs, sensorisch viel weniger Restsüße als im Vorjahr, mit einer ausdrucksstarken rauchigen Mineralität, gepaart mit einer herrlich sauberen Steinfrucht; der Wein wirkt perfekt harmonisch mit straffer Säure, die Mineralität begrenzt sich auf eine steinwürzige Art, dadurch etwas leiser und distanzierter, mit Ausnahme der Raucharomen, herrlicher Zug am Gaumen, ohne jede Schwere und übermäßige Konzentration, mit langem Nachhall. Ein Musterbeispiel eines großen Gewächses.

Der Bockenauer Stromberg ist weniger von den Spontanaromen geprägt, dadurch treten die Steinfrüchte und eine steinige Mineralität stärker zum Vorschein, glockenklare Aromatik. Am Gaumen von mittlerem Körper, saftiger und klarer Auftakt, ein puristischer Vertreter, der mir aufgrund seiner klaren Aromtik, dem straffen Säurezug und seiner steinwürzigen Mineralität sehr gefällt; ein Riesling eher für Pursiten, obwohl er nicht knochentrocken ist, erneut ein sehr langer Nachhall.

Das Monzinger Frühlingsplätzchen zeigt aromatisch naturgemäß ähnliche Anlagen wie das Pendant von Emrich-Schönleber, wird aber von den spontanen – auch von käsigen und dadurch unangenehmen – Hefearomen dominiert. Hier merkt man, wie schwierig eine sachgerechte Beurteilung in diesem Stadium ist, wenn der Wein noch derart von seinem Ausbaustil dominiert wird. Vielleicht sollte Tim Fröhlich erwägen, einzelne Weine erst 2- 4 Jahr später auf den Markt zu bringen – ich schreibe dies jetzt ohne wirtschaftliche Überlegungen. Zurück zum Wein, neben der käsigen Aromatik, auch ein feiner Rieslingduft, dahinter komplexe Aromen, die an eine Kräuterwiese erinnert. Am Gaumen dichter als der Schönleber, nicht so fein gezeichnet, dafür mit festerem mineralischen Biss; lebhafte, jedoch feine Säure, guter Zug am Gaumen, nur mittlere Tiefe, guter Nachhall. Wie schön, zwei recht unterschiedliche Interpretationen des Frühlingsplätzchens vorzufinden, es wird spannend sein, die Entwicklung zu verfolgen.

Neben dem üblichen Spontiton lässt der Monzinger Halenberg hinreichend Raum für andere Aromen, es duftet ausdrucksstark nach komplexen Wildkräutern und einer blitzsauberen Steinfrucht, die leicht ins herbe hineinreicht, erinnert auch an Grapefruit, dazu bringt eine kräuter-würzige Mineralität Tiefe ins Bukett, große Vorfreude auf den ersten Schluck. Am Gaumen ebenso großartig, stimmige Dichte, saftiger Auftakt, gezeichnet von intensiven Grapefruitgeschmack, vielschichtige Kräuterdichte, nussig-holzwürzige Aromen, aufrauschende Säure, würzige-salzige Mineralität, enorme Nachhaltigkeit und Tiefe, sehr langer und komplexer Nachhall. Ein großer Halenberg.

Weingut Emrich-Schönleber, Nahe

2014 Monzingen Frühlingsplätzchen    2022 – 2035    93
2014 Monzingen Halenberg    2022 – 2035    93+

Mit die spannesten Weine präsentierte für mich Emrich-Schönleber. Dies ist insofern erstaunlich, weil ich die Weine dieses Weingutes gut kenne. Aber dieses Jahr waren sie von anderer Art, nicht aromatisch, aber sie waren leichtfüßiger, wie eine tänzelnde Ballerina, selbst der Halenberg, so elegant, so fluide hatte ich diese Großen Gewächse noch nie im Glas. Beide Weine sind noch recht verschlossen, aber ihr Spiel lies mich aufhorchen und auch noch einen zweiten Schluck nehmen, was an einem Verkostungstag von ca. 100 Weinen nun wirklich keine Selbstverständlichkeit ist. Es wird sehr aufregend sein, auch diese beiden Weine in ihrer Entwicklung zu begleiten. Ob sie sich in die Kategorie Groß entwickeln, kann ich derzeit noch nicht abschätzen.

Das Monzinger Frühlingsplätzchen duftet feinsinnig nach jugendlichen Steinfrüchten, weißen Blüten, erhitzten Kieselsteinen, herrlich verspielt, fast zart wirkend. Am Gaumen nicht sehr dicht, auch hier eher zart und verspielt, manche würden vielleicht feminin sagen, auch wegen seiner floralen Noten, er wirkt weniger süß als in den Vorjahren, was ihm sehr gut zu Gesicht steht, dadurch tritt seine Eigenart stärker hervor, ein Riesling der sich fluide, von einer verspielten Säure getragen, im Mund bewegt, dabei ist er noch sehr unentwickelt und lässt aromatisch nur Ahnungen zu, so hält sich die Mineralität noch ein wenig zurück, guter Nachhall. Mir scheint, als wolle man hier hin zu einem noch eleganteren Stil beim Frühlingsplätzchen – 12 % Alkohol unterstützen diesen Ansatz.

Der Monzinger Halenberg duftet vollkommen reintönig, wenngleich die Aromatik noch nicht sehr entwickelt ist, er zeigt wenig aufgefächerte Steinfrüchte (Weinbergspfirsich), etwas Waldmeister, Grapefruit, diverse Wildkräuter und eine feine filigrane Mineralität. Am Gaumen von mittlerer Dichte, auch hier kaum aufgefächert, wirkt kernig, bissig, sehr ernsthaft, aber auch beweglich, hoch elegant, ja ungewohnt leichtfüssig und verspielt (12% Alkohol), ohne an Konzentration zu missen, im Nachhall zeigt sich eine schöne Kräuterwürze und eine herbe Grapefruit, mir gefallt dies sehr gut, aber derart Leichtfüssig kam mir der Halenberg noch nie entgegen – fast ein kleiner Stilwechsel.

 

Weitere Berichte von der VDP-Präsentation der Großen Gewächse 2015 in Wiesbaden:

→ Franken
→ Rheinhessen
→ Rheingau
→ Ruwer und Saar
→ Pfalz