Kraftakt Pinot Noir VII — Frankreich gegen den Rest der Welt

Feature

Beginne das Jahr nicht mit kleinen Weinen. So halten wir es seit sechs Jahren mit unserem Kraftakt Pinot Noir und schickten 16 gereifte Spätburgunder ins Rennen. Dabei hatten wir diesmal so viele Franzosen und auch so viel Qualität wie noch nie am Start. Und trotzdem gab es endlich mal einen deutschen Sieger – einen wunderbar gereiften, superseidigen, auf ganz hohem Niveau charmanten Spätburgunder aus Heidelberg, den wir allesamt ins Burgund gesteckt hatten. Weiterlesen →

Weingut Seeger Blauer Spätburgunder trocken »R« Heidelberger Herrenberg, 2011

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Ganz im Norden des Südens liegt eines dieser kleinen Weinbaugebiete, das irgendwie nur Insider auf dem Schirm haben. Die Badische Bergstraße ist wunderschön am Westhang des Odenwalds gelegen, man kann in die Pfalz und nach Hessen hinübergrüßen. Das Bild bestimmen hier Genossenschaften und Nebenerwerbswinzer, große Namen kennt man hier nicht, bis auf einen: das Weingut Seeger, dessen sämtliche Rebflächen im Leimener und Heidelberger Herrenberg liegen. Als erster und alleiniger Winzer von der Bergstraße ist Thomas Seeger seit 2010 Mitglied im VDP und hat den Herrenberg damit in den Kreis der Ersten Lagen gehoben. Herausragende Weine macht er aber schon seit fast dreißig Jahren. Thomas Seeger setzt nicht auf Wachstum, sondern auf eine tiefe Verbundenheit und liebevolle Pflege seiner Lagen. So ist das Weingut in seiner immerhin dreihundertjährigen Geschichte auf nicht mehr als gerade mal zehn Hektar angewachsen. Die Sündenfälle der siebziger und achtziger Jahre ließ man hier aus. Schon seit vielen Generationen werden die Rebflächen – man nennt es ja noch gar nicht lange so – ökologisch bewirtschaftet und schonend ausgebaut.

Die Paradeweine sind die Spätburgunder vom Muschelkalk. Mit ihnen hat Thomas Seeger schon seit Jahren einen festen Platz in der ersten Reihe der deutschen Burgunder-Winzer. Probiert man den Wein, wird eines klar: Auch wenn der Winzer die Weine trockener, dichter und burgundischer gemacht hat, der Weinstil ist traditionell geblieben. Im Glas schwenkt unverkennbar hochwertiger deutscher Spätburgunder, in seiner ernsthaften, schönen Form, mit Extrakt, Kraft, Würze, Samt und Rauch. Die Weine sind, wie sie sind, mit Mineralität und Tiefe. Sie biedern sich nicht an, sie explodieren nicht gefällig im Mund, sie fordern, dass man sich mit ihnen auseinandersetzt. Dabei sollte man die Flasche einige Jahre liegen lassen. Das gilt zumindest für die hochwertigen Reserven. Der »R« und »RR«, die aus den Parzellen Spermen bzw. Oberklamm stammen und seit Kurzem jetzt auch beide das Prädikat Großes Gewächs tragen, reifen um die 20 Monate in neuen französischen Barriques. Ebenso der »RRR«, den es nur in ausgewählten Jahrgängen gibt und der dann schon jenseits von hundert Euro kostet.

Also, gut Ding will Weile haben. Um diese These zu bestätigen, ziehe ich den »R« aus der Parzelle Spermen jetzt schon auf. Wie sich die gereiften Spätburgunder von Thomas Seeger präsentieren, wird aber auch bald hier nachzulesen sein. Jetzt geht es erstmal diesem jungen Großen Gewächs an den Kragen, auch wenn das im Jahr 2011 so noch nicht auf dem Etikett stand.

Der 2011 »R« ist rubinrot, hat dunkelblaue Reflexe, tiefe Farbe, jung schwenkt der Wein im Glas. In der Nase dunkler Rauch vom Barrique, ein tiefer Zug schwarzer Beeren, viel Bleistift, dazu eine holzsüße Note von Milchschokolade. Was gefällt ist die tiefe, saubere Beerenfrucht, die ganz ordentlich von Graphit- und Holztönen umwölkt wird. Eine leicht herzhafte Note, ordentlich Röstigkeit, ein Hauch von Weihnachtswürze verrät ihn als deutschen Spätburgunder. Im Mund strömt die junge, bisweilen noch herbe Rauchigkeit aus dem Wein, die Unruhe der Gerbstoffe. Dahinter gelangt man an das trockene schwarze, auch etwas rote Beerenkonfit. Herbe Aromen beherrschen den Wein weiterhin, Walnuss, Kräuter, Graphit, Gerbstoffe, auch ansatzweise Leder. Dem stehen eine saftige Säure, dichtes Extrakt und ein wahrlich sehr schöner Schmelz gegenüber. Der Wein wirkt konzentriert, bleibt aber im ganzen Verlauf konsequent trocken, auch hält er gut die Spur. Der Aromakern ist noch fest, kompakt jugendlich mit Potenzial für Reife. Auch im schon ansatzweise langen Abgang ist der Wein herb, kräuterwürzig und mineralisch, erneut Noten von kaltem Rauch. Ein maskuliner Stil, keine Süße, nuancierte Primärfrucht. Dieser Wein meint es ernst. Wenn er sich in vielleicht fünf, sechs Jahren entspannen wird, sich die Rauchigkeit legt, die Herbheit des Tannins etwas zurückgeht und die Gerbstoffe abschleifen, wird das mit Sicherheit ziemlich schön. Denn betörend und komplex wirkt die Frucht jetzt schon. Wenn ihr die ganze Bühne gehören wird, wird hier Ausgezeichnetes in der Flasche schlummern.

Vom Weingut, etwas über 30 Euro, 89+ Punkte (sehr gut), frühestens 2018 aufziehen

Weingut Seeger Heidelberger Weißer Burgunder trocken, 2014

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Der Trend zu Weinen unter 13 Prozent Alkohol ist eindeutig im Kommen, und das gefällt mir gut. Denn vor allem bei Flaschen, die ich wirklich trinken und nicht nur verkosten möchte, merke ich jedes halbe Volumenprozent. Auf der Suche nach etwas Passendem mit schönem Körper, aber eben dafür nur hinreichend genug Alkohol griff ich zu diesem Weißen Burgunder vom Weingut Seeger.

Ganz helles Gelb im Glas, weiße Reflexe, in der Nase konzentrierte Kernfrucht-Aromen, flankiert von frischen grünen Kräutern, etwas Waldmeister. Im Antrunk dann ein schöner aromatischer Ausdruck, Ananas, in ganz konzentrierter Form, dazu vegetabile Noten, etwas Sellerie. Der Wein ist dicht, aromatisch richtig nachhaltig und hat eine weiche, sehr charmante und zugängliche Textur. Und doch, und das macht seine Qualität aus, kommt über die deutliche Säure ein kühler, frischer Zug hinein. Hinten packt der Wein nochmal richtig zu, er bietet Länge mit schönen vegetabilen Noten und einer ganz leichten Nussigkeit, und am Ende bleibt sogar noch Salz auf der Zunge liegen. Was dabei obendrein sehr gut gefällt, sind die 12,5% Alkohol, die aber reichen, dass der Wein einen richtig schönen Körper aufbaut.

Ich ertappe mich auch immer mehr dabei, anstatt auf Fleisch auf dann aber gerne kräftigere Gemüsegerichte zu setzen. Das hier ist ein idealer Wein dafür. Ich trank ihn zum letzten Spargel in diesem Jahr. Er bietet die Opulenz und Kraft, um es mit einer etwas kräftigeren Sauce oder sogar zerlassener Butter aufzunehmen, und baut eine aromatische Brücke zu den gemüsigen Aromen. Die Säure erfrischt, die Salzigkeit versteht sich vortrefflich mit der Würze des Essens.

Nach dem Chardonnay S vom Weingut waren meine Erwartungen ja schon etwas höher, und ich bin auch von diesem Weißburgunder überrascht und angetan. Bei Erhalt des Weinpakets war ich gespannt darauf, ob Thomas Seeger eine Handschrift in seinen Weinen zu erkennen gibt. Und auch in diesem kleineren Wein – und darauf kommt es ja bekanntlich an – zeigt sich diese deutlich. Opulenz andeuten und den Wein dann tief frisch wirken lassen, das ist gekonnt. Und das im Brot-und-Butter-Segment. Dieser Wein liegt unter der 10-Euro-Grenze und ist dort ein herausragender Wert! Und, ganz aktuell, absolut passend für heiße Tage.

Vom Weingut, ca. 9 Euro, 88 Punkte (sehr gut), jetzt oder in den nächsten zwei Jahren trinken

Weingut Seeger Chardonnay „S“, 2013

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Denkt man an große Burgunder aus Deutschland, denken viele an Assmannshausen, Kaiserstuhl, Schweigen oder Bürgstadt. An die Badische Bergstraße denken nur wenige. Völlig zu unrecht, denn hier, gleich südlich von Heidelberg, ragt das Weingut Seeger heraus, „leuchtturmhaft“, wie Manfred Lüer es so schön beschreibt. Nur mehr zehn Hektar pure Qualität im Heidelberger Herrenberg, in 13. Generation mit viel Verstand, Gefühl, Erfahrung und Konsequenz aufwendig ökologisch bewirtschaftet. Um die Weine wird vom Weingut nicht viel Lärm gemacht, und das haben sie auch nicht nötig, denn sie finden offenbar schon lange auch so ihre Abnehmer. Dies gilt vor allem für die Spätburgunder, die unter Kennern legendären Ruf haben und gereift so gut wie gar nicht zu besorgen sind. Ich spreche aus Erfahrung, denn schon seit Jahren halte ich Ausschau danach für eine jährliche Pinot-Noir-Verkostung. Es war schon vieles dabei, aber bislang eben noch kein Seeger. Umso gespannter war ich auf das kleine Flaschenpaket, aus dem ich hier als ersten den Chardonnay „S“ verkosten konnte. Der Wein stammt von Muschelkalk- und Lösslehmböden, wurde spontan vergoren und reifte ein gutes halbes Jahr auf der Hefe im offenbar nicht zu stark gerösteten Barriquefass.

In der Nase Aprikosen, aber auch frische gelbe Früchte, unter anderem Quitten und Zitronen, herbe vegetabile Noten, Erbspüree, dazu eine recht zarte buttrig-nussige Röstnote vom Barrique, jung und rauchig. Da ist richtig viel in der Nase, und dazu durchzieht den Wein ein straffer mineralischer Zug. Das Bukett ist insgesamt noch kompakt und kühl anmutend, dabei aber intensiv und auch schon tief. Bereits in der Nase ist das sehr animierend, und ich bekomme Respekt vor dem äußerst gelungenen Holzeinsatz, der hier trotz der jugendlichen Unruhe nichts überdeckt.

Im Mund ist der Wein richtig trocken, zuerst stößt man an etwas an das Holz, der Gaumen wird von einer rauchigen Wolke umhüllt, dann aber kommt die intensive, konzentrierte Frucht durch und bleibt, zusammen mit einer herben Tabakigkeit, am Gaumen hängen. Das ist schön, was aber dann kommt, sorgt für Gänsehaut. Eine ganz deutliche Säureader zieht sich durch den Wein, was ungeheuer frisch wirkt. Dabei ein mittlerer, überhaupt nicht fülliger Körper, auch der Alkohol sitzt mit seinen 13 Prozent auf dem Punkt. Aromatisch dringen jetzt die vegetabilen Noten stärker durch, dazu gesellt sich weiter hinten eine schöne Salzigkeit. Der Abgang hat gute Länge und ist harmonisch, die Gerbstoffe sind schon ansatzweise weich. Hier wusste man ganz offenbar, was man mit dem Holz macht.

Dieser Wein ist ein Paradebeispiel für einen Chardonnay, der durchgängig auf der Hefe reift. Er ist jung, aber schon angenehm weich, er ist komplex, sehr fein, bereits zugänglich. Mir bleibt die Frage, was man denn eigentlich mehr von einem Barrique-Chardonnay will. Ganz viel Nachhaltigkeit und Balance, Länge, Frische, französischer Stil – blind würde ich den Wein nach Meursault stecken, wegen seines trockenen Stils und seiner prägnanten Säurefrische. Man kann ihn schon jetzt wunderbar trinken, wenn man sich ein wenig um die kleinen Holzkanten herumschmecken kann. Dafür braucht man nicht mal unbedingt eine Speise, das geht sogar auch jetzt schon solo richtig gut. Trotzdem, wer es schafft, sollte den Wein eine ganze Weile liegen lassen. Reifen kann der Wein mit seiner Frucht, seiner Säure, seiner Struktur. Ich würde allzu gerne wissen, wie das hier mit Reifearomen schmeckt.

Vom Weingut, ca. 19 Euro, 91 Punkte (ausgezeichnet), jetzt bis 2020

Kraftakt Spätburgunder – Teil IV

Kraftakt SB 2013 Titel 1 (100 von 1)Es gibt Verkostungsnotizen, die liegen einem wie Blei auf der Seele. Als Schriftführer dieses Kraftaktes ließ ich mein kleines schwarzes Büchlein im Januar 2013 bei den Gastgebern liegen. Und wie es der Teufel aka Zufall wollte, dauerte es über ein Jahr, bis das Büchlein wieder zurück in meinen Besitz kam. Spätestens damit hatten die Notizen eigentlich nur noch antiquarischen Wert. Dass das Protokoll gleichwohl geschrieben werden sollte, stand für mich außer Frage. Allein, wann Zeit dafür finden…

Unsere Leser sind daher heute nicht minder herzlich dazu eingeladen, in diesem Altertümchen zu stöbern; da ich an diesem Abend viel mtgeschrieben hatte, fiel es nicht schwer, die Notizen nun doch noch „mit ein wenig zeitlichem Nachlauf“ zu erstellen.

Da wir einige schöne Weine mit „Reserven“ am Start hatten, lohnt es sicherlich auch heute noch… [weiter lesen!]

Reinhold & Cornelia Schneider Spätburgunder *** -R-, 2005

2005-RCSSB3StrREine dichte Nase mit feinen Reifetönen, Speck und etwas Unterholz, die Barrique-Aromen wohldefiniert und mit feiner Schokoladigkeit versehen. Saftig dicht, mit dunkelroter Frucht, umspielt von Kräutern und nassem Stein, insgesamt sehr schön komponiert. Recht schnell als Kaiserstühler Spätburgunder erkennbar.

Dies gilt aber nur für die Nase. Denn im Mund hat der Wein, jedenfalls frisch aus der Flasche, eher burgundische als stereotypisch deutsche Anlagen: dunkelfruchtig, Kühle verströmend, keinerlei Süße, grüne Kräuter , Lakritze – das erinnert mich mehr an Volnay als an Endingen. Auch hier mit feiner Holzfärbung, erst im Finale zeigt sich etwas Vanillesüße und Bitterschokoladigkeit.

Dieser auf Vulkanverwitterungsböden gewachsene Spätburgunder entwickelt mit weiterer Belüftung dann – gut nachschmeckbar – zunehmend deutsche Züge, er wird fülliger und schmelziger, nicht nur in der Frucht sondern auch in den Holzaromen. Dank seiner präsenten Säure bleibt das aber alles in der Spur. Auch der Alkohol passt stimmig, kraftvoll, aber hitzig wird der Wein zu keinem Zeitpunkt. Durchgezeichnet vom Antrunk bis ins deutlich mittellange, ausdrucksstarke Finale. Stilsicher und schmackhaft gemacht- vereinfacht gesagt: ein wirklich schöner Wein.

Aus dem Fachhandel, 26 EUR, 90 Punkte (ausgezeichnet), jetzt bis 2016

Weingut Johner Cuveé Weissburgunder & Chardonnay, 2010

Nachverkostung am 14. Juli 2014

In der Nase ein gemüsiger Ton, reife gelbe Birne, man ahnt den Holzeinsatz (ob der Wein wirklich im Holz war – ich weiss es gar nicht, aromatisch scheint das aber so und erinnert an einen Wein aus „großem Holz“, wenn nicht gar Zweitbelegung eines Barrique – egal, es passt…).

Prägend ist die gelbe Birne und eine deutliche Spur Krokant und gehackte Nüsse. Nicht charmant-süßlich, sondern mit Charakter und Ernsthaftigkeit, die man in diesem vermeintlichen „Speisenbegleiter“ so gar nicht erwartet.

Straffer, tockener Antrunk. Der Wein wird von einer mineralischen Ader durchzogen, wirkt hier deutlich fruchtärmer und straffer, es als es die Nase erwarten ließ. Karg bleibt der Wein aber nicht, eine wohldosierte Fruchtsüße puffert die frische Säure ab und sorgt für Harmonie.  Sehr schön zu Gemüsegerichten/Fisch. Balanciert im Alkohol, auch im mittellangen, harmonischen Finish.

Ab Hof gekauft, 15 Euro, 89 Punkte (sehr gut), jetzt bis 2014

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Erstverkostung am 24.06.2012

Bischoffingen im Spätherbst 2011. Samstag Nachmittag, kurz vor sechs Uhr abends. Wir rollen in der Dämmerung auf den Hof, in der Hoffnung, die Johners würden uns noch schnell ein paar Flaschen ab Hoftor verkaufen, weder einen Verkostungstermin hatten wir ausgemacht noch kamen wir während der gängigen Öffnungszeiten des Weinguts. Aber im Verkostungsraum brannte noch Licht – und so klingelten wir einfach auf gut Glück…

Frau Johner öffnete uns, Sie bestand sehr gastfreundlich darauf, dass wir nicht einfach ein paar Flaschen mitnähmen, nein, wir sollten doch gerne hereinkommen und auch die (durchaus lohnenswerte) aktuelle Weinkollektion probieren. Abendessen gäbe es bei den Johners heute eh erst um Sieben, es bliebe also noch Zeit… alles kein Problem. Und ehe wir uns versahen, saßen wir am Verkostungstisch und probierten und disktutierten. Über den Jahrgang, die Weine und die Weingutsentwicklung in der neuen Welt… Herr Johner gesellte sich noch hinzu – und wenn man seinen Ausführungen folgt und seine leuchtenden Augen bemerkt – dieser Winzer trägt den Weinbau und die Begeisterung hierfür wirklich tief im Herzen.

Einer der Weine, die dann an diesem Abend den Weg in unseren Kofferraum fanden, war diese Cuveé aus Weissburgunder und Chardonnay aus dem Jahr 2010:

Helles strohgelb. Eine animierende Nase mit leicht gemüsige Noten, reifen birnig-melonigen Komponenten und erdigen Tönen, etwas Zitrus und einer Spur Fenchel. Animierend und markant verspielt. Mit mehr Luft kommen noch frisch gehackte Nüsse hinzu. Würzig-birniger Antrunk, mittlerer bis schon voller Körper. Die Cuveé hat einen birnigen Fruchtkern, umspielt von einer mineralischen Hülle. Frische und rassige Säure, stimmig mit der Frucht verwoben. Birnig-fruchtsüßer, von mineralischen Eindrücken und Säurefrische geprägter deutlich mittellanger, facettenreicher Nachhall, im Alkohol kräftig, aber in Balance.

Ein harmonischer Essensbegleiter mit fruchtiger Eleganz und mineralischem Ausdruck – perfekt als kraftvoller Essensbegleiter sicherlich nicht nur zum Spargel. Hätte sicherlich auch zum Abendessen bei den Johners gepasst- an besagtem Samstag wahrscheinlich aber erst kurz vor Acht…

Ab Hof gekauft, 15 Euro, 88 Punkte (sehr gut), jetzt bis 2014

Weingut Bernhard Huber Spätburgunder, 2010

Huber Spätburgunder, 2010 (100 von 1)Dem Glas entströmt ein kräftiges Bukett nach rotbeerigen Früchten von deutlichen Eichenfaßaromen ummantelt. Die Früchte erinnern mich an sehr reife Aprikosen, Erdbeeren und Himbeeren, dahinter ein Hauch Dosenananas, durchaus ansprechend verbunden mit einer Melange aus Bittermandeln und Gewürzkräuter ala Pfeffer und auch etwas Zimt. Für den einfachen Gutwein überraschend vielschichtig und wechselhaft, nur weniger Holzwürze dürfte es sein. Am Gaumen von knapp kräftigem Körper, fruchtig-würziger Auftakt, die Säure sorgt für Frische und Leben, im weiteren Verlauf nehmen die flüchtigen Polyphenole deutlich zu, man schmeckt verbranntes Holz, Grillaromen, pflanzliche Anklänge (nicht grün), die anfängliche Süße kann der Wein dadurch nicht ganz durchhalten, er verliert ein klein wenig an Balance und Volumen, dafür wirkt er frisch, die Tannine herb ohne trocknend zu wirken, das Holz übernimmt die Fülle und trägt ein Stückweit aromatisch den Wein bis ins mittlere Finale hinein. Insgesamt aber ein sehr gut gelungener Basiswein, der selbst anspruchsvollen Gaumen, insbesondere zum Essen, ein ansprechender Begleiter sein kann. Für 12 Euro bekommt man hier einen sehr guten, erkennbar deutschen Spätburgunder mit beginnendem Spiel ins Glas.

Vom Weingut, 12 Euro, 86 Punkte (sehr gut), jetzt bis 2018

Adeneuer Wallporzheimer Gärkammer GG, 2006 und Bernhard Huber Hecklinger Schlossberg „R“ GG, 2005

2xSpätburgunder Titel (100 von 1)Auf einer kürzlich veranstalteten Vergleichsprobe von Pinot Noirs aus dem Burgund und deutschen Spätburgundern fiel das Große Gewächs aus der Gärkammer von Adeneuer deutlich ab- wir hatten eine furchtbare Flasche erwischt, die bereits oxidiert war. Ein Ausrutscher, so zumindest meine Hoffnung, denn es liegen noch einige Flaschen davon im Keller. Ausreichend Grund zeitnah einen neuen Versuch zu starten und am Ostermontag war es soweit.

Gärkammer, 2006 (100 von 1)Weingut Adeneuer Walporzheimer Gärkammer GG, 2006
Zum Glück bestätigte sich meine damalige Vermutung eines Flaschenfehlers, denn die heute Flasche zeigte gehobenen Ahrwein in einem schönen Reifezustand. Die Nase sehr offen mit der üblichen recht dominierenden kräutrigen Holzwürze, viel Röstigkeit, sehr reife dunkle Beerenfrüchte und Erdbeerkompott. Am Gaumen von kräftigem Körper, die Frucht entspricht der Blume in der Nase, mit erfrischenden Zitrusabrieb, es fällt sofort die forsche Säure auf, die für meinen Geschmack dem Wein jedoch zu seiner Balance verhilft, ansonsten könnte die Überreife dem Wein die Frische nehmen. Auch hier viel, aber charmantes Holz nach gerösteten Nüssen, getrockenete Kräuter, Süße und Vanille, perfekt abgeschmolzene Tannine, ein Charmebolzen, mit feinen Zuckerschwanz im langen Nachhall. Das macht heute uns allen richtig Freude, auch weil er deutlich Herkunft zeigt. Aber so bleibt es eben auch, bei aller Verführung, ein kleiner Blender, denn er liebkost unseren Gaumen vorallen aufgrund seiner Holzsüße und hochreifen Früchten, die auch leicht vom Alkohol getragen werden, subtil ist das nicht und tief schon gar nicht, aber es schmeckt einfach vorzüglich.
Vom Weingut, 54 Euro, 90 Punkte (ausgezeichnet), jetzt bis 2016

Über den Wein entstand dann eine Diskussion über das Anbaugebiet (er kam blind auf den Tisch) und ob das typisch deutsch sei oder nicht, manche tippten auf Baden und insbesondere auf Huber. Das reizte mich und spontan ging aus dem Keller einen Huber holen, um die Unterschiede parallel zu erleben – sie waren deutlich.

Huber Schlossberg, 2005 (100 von 1)Bernhard Huber Hecklinger Schlossberg „R“ GG, 2005
Zunächst hatte des der Wein schwer, denn er musste erst die Belüftungzeit des Adeneuers aufholen. Zeigt er sich zu Beginn sehr verhalten, zog er schlussendlich mühevoll an ihm vorbei und zeigte dabei einen Klassenunterschied auf. Hier beginnt ernsthafter Spätburgunder mit einer gewissen Noblesse, der ohne Süße auskommt. Das Bukett erinnert an gute 1er Crus aus Pommard dank seiner dunklen Beerenfrucht nach Brombeeren und Backpflaumen, zeigt Tiefe und Spiel an, das Holz ist da, auch deutlich, aber mit mehr Klasse und fügt sich besser in die Frucht ein, ein Hauch von Kalkstein, versprüht Kühle und Klarheit. Am Gaumen von mittlerem bis kräftigen Körper, mit klarer, dichter Frucht nach dunklen Waldbeeren, vorallem Brombeeren und Pflaumen, florale Anklänge nach Veilchen, dunkle Holzwürze nach Bitterschokolade, Zedernholz und Röstaromen, noch leicht trockenende Tannine, guter Zug am Gaumen, feines, agiles Säurespiel, hinten raus noch etwas jugendlich unruhig, da fehlt es heute noch an Charme, mittlere Länge. Der Wein ist noch zu jung, zeigt aber schon jetzt Klasse und Tiefe an.
Vom Weingut, 42 Euro, 91+ Punkte (ausgezeichnet), 2015 bis 2025

Am Ostermontag liesen wir uns trotzdem gerne von der Gärkammer verführen, mit seiner Röstigkeit, seinen üppigen Hüften und seiner unverschämten Fruchtsüße. Obwohl es sich in den Punkten nicht so zeigt, liegt für uns der Huber eine ganze Klasse darüber. Die schmeckbar seriösere und feiner Interpretation der Pinot Noir-Traube.

Weingut Michel, Grauburgunder Achkarrer Schlossberg Spätlese trocken ***, 2008

2008-WMASGb3StDiesmal das Fazit vorab: ein in Summe  prächtiger Wein!

Helles goldgelb. Eine verschwenderische Nase von reifen Früchten, erinnert vor allem an Christbirne, gelbe Melone und  – dies jedoch in einer wunderschönen Ausprägung – kandierte Orangen. Krokant, Nuss und Vanillespuren zeugen vom gekonnten Holzeinsatz, die Holzaromen sind präsent, aber fügen sich balanciert in das stimmige Gesamtbild ein. Die volle Nase animiert und der Alkoholeindruck passt hier perfekt ins Bild.

Voller, fruchtbetonter Antrunk, mit dicht gepackter, nur ganz leicht süßlicher Christbirne und Melone, herbe Krokantspuren geben einen geschmacklichen Kontrast. Dicht, aber nicht schwerfällig oder gar fett.  Feinbittere Orangenaromen runden das Bild ab, bis sich dann auch das zart unterlegte mineralische Fundament dieses Weines zeigt.

Seine 14% verdaut der Wein spielend, hier ist nichts brandig, nicht überzeichnet – auch in diesem Punkt ist der Wein überzeugend. Harmonisches, langes Finale, noch ein wenig vom Holz geprägt – aber die satte Frucht arbeitet sich zunehmend durch.

Wie wohltuend ist dieser Wein – kein überkonzentrierter, süßer, vom Holz verseuchter und auch nicht Glycerin-schwangerer Grauburgunder… gäbe es mehr Grauburgunder dieser Art und Kampfklasse, hätte ich sicherlich einen deutlich größeren Bestand davon im Keller. Doch Weine wie dieser Grauburgunder von Michel sind wirklich rar gesäht. Florian, ein leckeres Mitbringsel!

Offen und undekantiert aus großen Gläsern zu leicht scharfen Küche getrunken. Wird auch als Solist funktionieren.

Ab Weingut gekauft, 14 Euro, 91 Punkte (ausgezeichnet), jetzt bis 2015

Weingut Bernhard Huber Spätburgunder Malterdinger Bienenberg ‚R‘, 2004

Huber Bienenberg 2004-100Durchscheinendes Purpurrot mit ziegelroten Reflexen und Wasserrand. Die Nase zu Beginn scheu, ruhig bleibt sie über den ganzen Abend, aber mit der Weile lässt sie einen immer tieferen Blick zu. Dunkle, etwas überreife Früchte verwoben mit einer erdbetonten Würze, die anfängliche Erdbeere verschwindet zum Glück, es tritt immer deutlicher eine kühle Mineralik auf, erinnert an Kalkstein, kalte Asche und Teernoten. Das Bukett insgesamt reintönig, mit Spiel und ohne Breite. Im Mund von mittlerem Körper, klarfruchtig, erneut sind die Früchte reif und gelungen flankiert von einer Holzwürze, im Mund kommen verstärkt atherische Noten und Blütenblätter auf, in Verbindung mit dem festen mineralischen Fundament zeigt der Wein Tiefe und Spiel. Lebendiges Spiel der gut eingebundenen Säure, ganz leicht trocknend im langen, nuancierten Nachhall. Das ist ein klasse Spätburgunder, der seine Herrkunft nie verleugnet, aber hinreichend Spiel, Frische und Trinkigkeit hat. Der Preis ist gerechtfertigt.

Vom Weingut, 37 Euro, 91 Punkte (ausgezeichnet), jetzt bis 2019

Sieben Spätburgunder vom Weingut Ziereisen


Nach dem ersten Teil mit einer Vertikalen des Oestricher Doosbergs und des Mittelheimer St. Nikolaus von Peter Jakob Kühn (hier nachzulesen) standen in der Bonner Weinrunde im März 2012 die Spätburgunder des badischen Weinguts Ziereisen auf dem Programm. Bekannt sind die Weine für ihre Kräftigkeit — sowohl in der Konzentration als auch im Holzeinsatz. Daher wurden alle Weine am Vortag geöffnet und doppelt dekantiert – und somit nachhaltig belüftet. Weiterlesen …

Spätburgunder Kraftakt 2012

Kraftakt Pinot Noir Aufzug 3 stand an und so pilgerten die üblichen Weinverrückten mal wieder ins Gelpetal bei Wuppertal, um bei Heiko 16 Spätburgunder auf Herz und Nieren zu testen. Und erneut ging es um das alte Spiel zwischen den Franzosen und Deutschen. Ja, wer macht denn nun den besseren roten Burgunder? Wie schön, dass man über Wein so trefflich streiten kann. Und so konnte auch dieser Kraftakt keine endgültige Antwort auf diese Frage geben, nur einen eindeutigen Tagessieger. Man kann sogar fast von einer Klatsche für… Weiter lesen…

Weingut Huber Spätburgunder Hecklinger Schlossberg GG, 2005

Transparentes Purpurrot. Ganz verhalten orangefarbene Reflexe zum Rand hin. Aus der frisch geöffneten Flasche wirkt die Nase scheu und unzugänglich, kaum präsent. Ganz anders nach drei Stunden Karaffierzeit. Eine zunehmend komplex verwobene Nase mit roter Frucht, Kräutern, wobei hier Thymian dominiert, Krokant und weitere Schichten mit herber Sahne drängen aus dem Glas.  Mit mehr Luft zunehmende Kaffeenoten.

Saftiger Auftakt, dann frische Säure zeigend, die mit der stets elegant bleibenden Extraktsüße spielt. Herzkirschen, Hagebutten und ein wuchtiger Krokantton vom Holzkontakt. Der rotfruchtige Kern wird flankiert von einer merklich mineralischen Note. Wunderbare Fülle ohne jede Schwere.

Der Wein spielt ab seiner Mitte fast verschwenderisch mit seinen Elementen – und bei aller Wucht (jedoch nicht im alkoholischen Sinne), die der Wein anbietet, dem Wein haftet doch jederzeit eine noble und tiefe Eleganz an. Allenfalls das Holz ist derzeit noch zu präsent, der Wein lässt aber mühelos weiteres aristrokratisches Potential erkennen: das Tannin ist feinporig. Deutlich wahrnehmbar, aber nicht trocknend.

Langer bis schon sehr langer Nachhall, der dem Wein ein gelungenes Finish beschert; auch hier nochmal ein Ticken zu viel Holz – noch jedenfalls… dabei ist der Wein jetzt schon sehr harmonisch.

Offen verkostet, drei Stunden in der Karaffe, danach über Stunden mit großer Freude genossen.

Im Fachhandel gekauft, 45 Euro, 92-93+ Punkte (ausgezeichnet), jetzt bis 2017+

Bernhard Huber Malterdinger Spätburgunder QbA, 2006

Es wurde eine Begleitung zu einem Wildgulasch mit klassisch weihnachtlicher Begleitung gesucht, Zimtapfelrotkohl und Rotweinpreiselbeerbirne… die Wahl fiel auf diesen Wein, von dem ich wusste, dass er dank des einjährigen Ausbaus im Holz einen guten Konterpart gegen die Gewürze setzen konnte.

Kraftvolles Rubinrot, wie erwartet nicht ganz blickdicht. In der Nase eine deutliche, anfangs noch zu kräftige Schoko-Kaffeenase, die sich nach einer Stunde in der Karaffe aber ansprechend ausdifferenziert. Dahinter würzige Walderderdbeere, leicht verkocht, wieder würzige Töne. Als Pinot deutscher Herkunft gut zu erkennen. Im Mund recht schlank, erdbeerige, rote Frucht. Die Säure braucht auch die Zeit in der Karaffe, um sich einzubinden – aber sie tut es. Die Holzaromen bleiben kräftig, aber die schokoladig-kaffeeigen Eindrücke sind schon ansprechend gemacht. Wenig beeindruckend ist die Länge. Der Nachhall ist recht schnell durch die Tür, knapp mittellang bleibt der Nachhall stehen. Das Tannin ist schon noch da, es ist leicht stumpf.

Man könnte auch sagen: der Geschmack vom Rotkohl blieb länger stehen. Das wäre gewiss etwas zu scharfzüngig, aber doch nicht ganz von der Hand zu weisen. Wenn ich mir das Tannin betrachte, wäre ein Jahr weiteres zuwarten vielleicht auch nicht schlecht gewesen. Festzuhalten bleibt: da weiss jemand, auch bei einem einfachen Qba, mit dem Holz umzugehen. Aber das habe ich bei Huber und seinen Rotweinen bislang nie wirklich anders erlebt. Stets ein sicherer Kauf, diesbezüglich.

Im Fachhandel gekauft, 16 Euro, 84 Punkte (gut), jetzt bis 2012.