Weingut Prager Grüner Veltliner Weissenkirchen Achleiten Smaragd, 2006

IMG_05302006 gilt als großer Jahrgang in der Wachau. Als deutsche Riesling-Freund rümpfe ich da eher die Nase, geprägt von dem schwierigen, ja schwachen Jahrgang für Weißweine in Deutschland. Aber auch bei der Wachau blieb bis heute meine Skepsis hinsichtlich 2006. Ich hatte schon einiges Glas, aber das allermeiste war mir zu fett, fast mastig, zeigte zu wenig Frische und Finesse, gerade bei den Smaragden, die eh zu einem üppigen Weinstil neigen und insbesondere der Grüner Veltliner profitiert für meinen Geschmack von Jahrgängen mit höheren Säurewerten.

Beim letzten Wühlen in meinem Weinkeller entdeckte ich diesen Grünen Veltliner von Prager und er erweckte in mir sofort eine Neugier wie er sich wohl nach neun Jahren Flaschenreife präsentieren würde. Eine Flasche mit sentimentalen Hintergrund, denn ich erstand sie 2008 aus einem Weinkeller eines kleines Restaurants in der Wachau. Noch gut kann ich mich an die lauschige Nacht auf der Terrasse des Restaurant erinnern, als wir beim Bezahlen der Rechnung erfuhren, dass wir so in etwa die letzten Gäste waren, denn das Restaurant schliesst bald seine Pforten. Irgendwie kamen wir auf den verbliebenden Bestand des Weinkellers und noch heute profitiere ich von gereiften Rieslingen und eben Grünen Veltlinern aus jenem Keller.

Der Achleiten präsentiert ein typisches Bukett nach reifen gelben Früchten, weißer Pfeffer, ein Hauch Weißkohl und feiner Honignote, für das Alter erstaunlich fruchtig und frisch, insgesamt eher verhalten und noch jugendlich wirkend. Am Gaumen von dichtem Körper, im Antrunk ein Korb voll reifer, gelber Früchte, sehr saftig, cremige Textur, zum Glück steht eine überraschend agile Säurestruktur dagegen, die dem Wein Frische und Agilität verleiht, weißer Rauch und die typische Pfeffernote ist deutlich zu schmecken, durchaus druckvoller und vollmundiger Verlauf, auch im Mund keine Anzeichen von Reifenoten oder Altermüdigkeit, im Gegenteil, er zeigt eine schöne Präzision und noch jugendliche Spannung, immer wieder blitzen Honig- und Karamellnoten durch, sehr langer und druckvoller Nachhall, dem Wein merkt man seine Kraft und auch seinen Alkohol an, aber er kriegt noch gut die Kruve und darf als insgesamt harmonisch bezeichnet werden. Ich habe ihn als Solist verkostet, aber er dürfte auch ein hervorragender Essensbegleiter auch zu kräftigeren Speisen sein. Jetzt ausgezeichnet zu genießen, sollte sich aber noch länger auf dem Niveau halten.

Aus dem Keller eines Restaurants, 24 Euro, 90 Punkte (ausgezeichnet), jetzt bis 2021

 

Kampf um die Riesling-Krone – der Kraftakt 2015

Kraftakt VIII (21 von 21)Auch in diesem Jahr fand er wieder statt, unser Riesling-Gipfel in der mittlerweile schon achten Ausgabe. Zu dieser jährlichen Probe bringt jeder Teilnehmer zwei trockene gereifte Rieslinge mit einem Potenzial von mindestens 90 Punkten mit. Das Ergebnis war ein einmaliges Line-up, noch nie punkteten wir derart hoch. Die Wachau tat sich dabei leider eher durch Korkschmecker hervor, deutsche Juwelen gab es aus Rheinhessen, dem Rheingau und der Pfalz. Und das Elsass sicherte sich erneut die Riesling-Krone. Weiterlesen →

Legenden des trockenen Rieslings – 42 Grands Crus von 1983 bis 2010

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Am 27. August 2014 fand auf dem Weingut Emrich-Schönleber in Monzingen eine Werkschau von gereiften, trockenen Spitzenrieslingen statt. Die Idee zu dieser Probe entstand im Frühjahr 2014 auf dem Weingut, während wir die Rieslinge des aktuellen Jahrganges verkosteten. Die Realisierung war dann eine echte Gemeinschaftsleistung von privaten Sammlern und Weingütern. Alle Beteiligten öffneten bereitwillig ihre Keller und so kamen schlussendlich 42 Rieslinge zusammen.

Ziel der Probe war es, die Kenntnis über den Reifeverlauf trockener Rieslinge weiter zu vertiefen und den anwesenden Journalisten einen Einblick in die aromatische Vielfalt und Entwicklung über knapp drei Jahrzehnte dieses Weintypes zu vermitteln. Wir wissen darüber letztlich noch viel zu wenig, auch weil so selten darüber berichtet wird. Jedes Jahr stürzen sich die Interessierten und Kritiker auf das jeweils aktuelle Jahr und heben bzw. senken ihre Daumen. Die Urteile werden jedoch über eine Kategorie von Rieslingen verkündet, die vielleicht in acht bis zehn Jahren ihren Höhepunkt erreichen und erst dann ihre ganze Pracht, oder auch ihre Mängel zeigen werden. Die Urteile werden natürlich trotzdem gefällt und dies obwohl viele der Kritiker bis heute keine hinreichende Anzahl von gereiften Weinen verkosten haben, noch über Jahre hinweg trockene Rieslinge von ihrem Release bis hin zu ihrem Höhepunkt dauerhaft begleitet haben. Meines Erachtens ist diese Erfahrung jedoch notwendige Voraussetzung für eine fundierte Bewertung der Weine unmittelbar nach ihrem Release.

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Österreich Weiß/Rot – Großer Riesling, Grüne Veltliner, Blaufränkisch und Co.

Österreich Weiß-Rot (121 von 22)Nach dem die letzte Probe mit Rotweinen aus Österreich mittlerweile wieder über zwei Jahre zurücklag, lud ich im November 2014 zu einer bunten Probe aus weißen und roten Spitzenweinen aus Österreich zu mir ein. Die Auswahl traf ich gemäß meinen eigenen Vorlieben und Erfahrungen und war somit in keiner Weise repräsentativ.

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Weingut Knoll Grüner Veltliner Ried Kreutles Smaragd, 2008

Knoll GV Kreutles, 2008 (100 von 1)Noch immer erinnere ich mich gerne an meinen Besuch beim Weingut Knoll in der Wachau im Herbst 2009. Zwei Stunden saßen wir damals gemütlich mit Emmrich Knoll im Innenhof und schwatzen über die Verrücktheiten der Weinwelt. Ganz nebenbei verkosteten wir dabei seine 2008er-Kollektion. Heute Abend wagte ich mich an den ersten Smaragd und sollte nicht enttäuscht werden.

Zu Beginn eine saubere, aber noch sehr verhaltene Nase nach weißem Pfeffer, Melonen und gelbwangigen Äpfeln, mit der Zeit kommt eine etwas derbe Holzwürze hinzu, recht deutlich als Grüner Veltliner zu erkennen. Am Gaumen von mittlere Dichte, sortentypischer Auftakt mit einer nussig-pfeffrigen Aromatik, vermählt mit einer kandierten Zitrusfrucht, die Säure hat sich gut mit der Aromatik verbunden, zeigt aber die jahrgangstypische Pikanz an, was dem Wein aber sehr gut tut, die Aromtik ist sauber und sortentypisch, im weiteren Verlauf tauchen erneut etwas derben Kräuter auf, sie lassen den Wein ein wenig bäuerlich wirken, trotzdem insgesamt harmonisch und gut zu trinken, passabler Nachhall in dem die Restsüße des Weines auftickt. Heute auf seinem Höhepunkt.

Vom Weingut, 15 Euro, 87 Punkte (sehr gut), jetzt bis 2018

Rudi Pichler Grüner Veltliner Federspiel, 2011

2011-RPGVF„Viel Wein für wenig Geld“ schrieb Rainer jüngst über Rudi Pichlers GV-Federspiel aus dem Jahrgang 2013.

Dem kann ich mich bezüglich der Ausführung 2011, die ich vor 2 Wochen geöffnet habe, durchaus anschließen:

Mit goldgelben Reflexen kommt der Wein ins Glas. Seine Nase fruchtbetont, eine satte birnig-melonige Frucht hat er, dazu Orangenblüte und eine feine vegetabile Würze – nur eine Nuance weißer Pfeffer. Recht voller Antrunk für ein Federspiel, betonte Fruchtigkeit ohne schwülstige Cremigkeit, eher weiche Säure; erst im weiteren Verlauf meldet sich seine Würzigkeit, die dem Wein straffere Züge verleiht. Saftig-würziger Stil, die Früchte aus der Nase finden sich auch im Mund aromatisch wieder.

Der in der Flasche verbliebene Restschluck zeigte sich am übernächsten Abend noch etwas betont würziger, die Frucht stand hier nun weniger im Vordergrund – was den Wein noch attraktiver machte. Gewiss, richtige Tiefe kommt auch mit dieser zusätzlichen Belüftung nicht auf, aber der Wein ist auch ohne Fokussierung ein im besten Sinne „Trinkwein mit sehr guten Anlagen“.

Aus dem Fachhandel, 11 EUR,  85 Punkte (sehr gut), jetzt bis 2016

Wachau Jahrgang 2013 – Riesling und Grüner Veltliner

Wachau 2013, 7 (100 von 1)Nach drei Jahren war es im Juli 2014 endlich wieder soweit: ein Besuch in der Wachau stand auf dem Programm. Ein Grund für die Reise war der Jahrgang 2013. Auch in der Wachau brachte das Vorjahr einige klimatische Kapriolen mit sich. Von Hochwasser, über extreme Hitzewellen, samt erhebliche Verrieselungsschäden, bis hin zu Trockenstress war auch in der Wachau alles geboten. Der Herbst war feucht und kühl und so reichte die Lese bis Ende November hinein. Die hohen Temperaturunterschiede ließen die Zuckerwerte beim Grünen Veltliner nicht sonderlich rasch steigen. Im Mittel sind daher leichtere bis mittelgewichtige Veltliner entstanden, wobei die Unterschiede in Qualität und Stilistik weit auseinandergehen sollen. Pauschale Aussagen zur allgemeinen Güte des Jahrganges sind gerade in 2013 wenig hilfreich. Das gilt auch für den Riesling, wobei die Säure im Mittel spürbar höher liegt als in den beiden Jahren davor. Sie wirkt jedoch ein Hauch feiner und reifer als im Vergleich zu 2010.

Fünf Weingüter standen auf dem Besuchsprogramm und insgesamt empfand ich die Weine als überaus ansprechend. Der Kick mehr an Säure erfrischt besonders den Grünen Veltliner, einzelne Weine warteten mit einem derartig finessigen Säurebogen auf, wie ich es bei jungen GVs noch nicht erlebt habe, selbst im Federspiel-Bereich. Und so unterhielt uns Abends zum Essen auch gerne einmal ein knackjunges GV-Federspiel auf das Allerbeste. Der Riesling wirkt reintönig, mit deutlichem Terroirausdruck, mit prägnanter, aber immer mit feinrassiger und reifer Säure. Die Reifeentwicklung schätze ich als beachtlich ein. Ein Jahrgang, den sich jeder ambitionierte GV- und Riesling-Freund in den Keller legen sollte. Geduld sollte man jedoch mitbringen, wobei die Federspiele bereits in der Jungend gute Dienste leisten sollten.

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Weingut Hirtzberger Riesling Spitzer Singerriedel Smaragd, 2011

Hirtzberger Singerriedel, 2011 (100 von 1)Bei meinem kürzlichen Besuch im Weingut schwärmte Frau Hirtzberger über die besondere Feinheit der 2011er-Weine. Ich war etwas überrascht und verwies auf die milde Säure und die zum Teil zwar guten, aber nicht sonderlich bemerkenswerten Verkostungserfahrungen der deutschen trockenen Spitzenrieslinge. Zur Recht verwies sie auf die Unterschiede regionaler Wetterverläufe, das Terroir und die Erfahrung des Winzers im Umgang mit den Anforderungen des jeweiligen Jahrganges. Zu Hause angekommen trieb mich die Neugier den 2011er-Singerriedel einer ersten Prüfung zu unterziehen. Ich war sehr erstaunt über das Ergebniss.

In der Nase in der Tat erstaunlich fein komponiert, sehr dezent für einen derart jungen Singerriedel, mit reichlich Tabak, Kakao, reife Steinfrüchte, Aprikosen, Passionsfrüchte, ein insgesamt feinwürziges-mineralisches Bukett mit rauchigem Einschlag, dahinter etwas Jod und Biskuit. Am Gaumen dicht gewoben, die tiefgründige, ungemein würzig-rauchige Mineralität greift sofort in den Gaumen, viel Saftigkeit von der Frucht, wird aber heute noch von der Mineralität leicht überlagert, hochfeines, reifes Säurespiel mit dem nötigen Biss, guter Zug am Gaumen, trotz aller Spannung bewahrt er eine überzeugende Balance, im langen Nachhall zeigen sich neben der Frucht, frisch geschnittene Kräuter, auch grasige Aromen, die überaus angenehm sind (nicht grün wirkend), am längsten bleibt auch hier die würzige Mineralität mit deutlichen Tabak- und Salzaromen stehen. Erstaunlich gut zu trinken in dem aktuellen Stadium. In der Range der Singerriedel ist der 2011er eindeutig auf der feineren Seite. Es wird spannend sein die Entwicklung dieses Jahrgangs zu verfolgen, vielleicht ist der Wein bereits in 10 Jahren voll entwickelt.

Vom Weingut, 45 Euro, 92 – 95 Punkte (ausgezeichnet), ab 2021 bis 2036

Franz Hirtzberger Riesling Spitzer Singerriedel, 1998

Hirtzberger Singerriedel, 1998 (100 von 1)Unmittelbar nach dem Aufziehen ein intensives, fruchtfreies Bukett von drückender Mineralität, viel Dill und Kümmel, kalte Holzkohle, Basalt- und Feuersteintöne, etwas Thunfischöl und im Hintergrund versengtes Bügeltuch und Brotkruste — einfach unglaublich und absolut nichts für Fruchtliebhaber. Es zeigen sich auch Botrytisnoten und nach einer Weile bilde ich mir Schalen von Steinfrüchten ein. Ganz großes Riesling-Kino. Am Gaumen ein durchaus kräftiger Körper, der aber jederzeit elegant und beschwingt wirkt, im Antrunk überrascht der Wein mit einer feinen Restsüße und gelbfleischigen Früchten, aber auch hier dominiert die unglaublich tiefe und packende Mineralität, wie ich sie nur ganz selten erlebe — in der Summe eine Mischung aus Jod, getrockenten Kräuter und diversen Steinarten. Die zahlreichen Aromen schälen sich im Verlauf immer wieder heraus, der Wein schmeckt mit jedem Schluck und jeder Sekunde unterschiedlich, ein Kaleidoskop an Aromen. Die Süße führt ein perfektes Duett mit der feinen Herbheit auf. Die Säure reif und eher mild, bringt aber den nötigen Schwung hinein. Und trotz aller Konzentration lässt sich der Wein mit größtem Vergnügen trinken. Ich bin einfach platt aufgrund einer derart dramatischen Komplexität, dazu bleibt der Wein noch schier endlos auf dem Gaumen liegen und fächert dort zart auf. Nicht eine Sekunde denke ich an den Alkohol, obwohl das Etikett 14 % zeigt. Erneut ein ganz großer Singerriedel, von dem man nur den Hut ziehen kann. Es geht kaum besser und wenn, dann nur anders. Steht noch voll im Saft, lange Zukunft. Auch aufgrund solcher Weine bin ich der Pracht des Rieslings erlegen.

97 Punkte (groß), jetzt bis 2023

Riesling Große Gewächse 2010 – Erste Bestandsaufnahme nach zwei Jahren Flaschenreife

Nach gut zwei Jahren war es an der Zeit eine repräsentative Bandbreite von 2010er-Großen Gewächsen Riesling zu verkosten, um die Entwicklung des Jahrganges zu überprüfen. In unserem Artikel zur Arrivage-Verkostung vor zwei Jahren (Hier lesen) sprachen wir dem Jahrgang durchaus eine gehobene Güte zu, womit wir eher die Ausnahme darstellten. Uns gefiel der feste Kern der Rieslinge und die straffe Säure, zumindest in jenen Weinen, die nicht zuviel an Apfelsäure enthielten. Entscheidend war auch möglichst sauberes Lesegut zu verarbeiten, was bei der stark ausbreitenden Fäulnis im Herbst 2010 nicht einfach war.

Als Fazit nach den beiden Verkostungsabende lässt sich festhalten, dass viele Weine heute die weiterhin strafe Säure ausgezeichnet integrieren. Die Gewächse wirken fest, klar in der Fruchtaromatik und machen Hoffnung auf eine weitere positive Entwicklung. Wenig erstaulich zeigten sich, in dieser frühen Phase der Entwicklung, die formal „kleineren“ Gewächse weiter in ihrer Entwicklung und konnten so gelegentlich den eigentlichen Stars den Rang ablaufen; sie waren einfach bereits fertiger und zeigten mehr Tiefe und Spiel. Die Kunst einen Wein zur rechten Zeit zu öffnen, darf nicht unterschätzt werden. Es liegt also nicht nur in der Verantwortung des Winzers, sondern auch an der Kenntnis über die Reifeentwicklung großer Rieslinge beim geneigten Weinfreund. So waren wir heute sehr angetan von Wittmanns Aulerde oder von Mosbachers Kieselberg, ohne dass wir ihnen noch eine Verbesserung zutrauen. Die Weine erreichten teilweise aber ein derart unverschämtes Niveau, dass wir nur raten können sie gerade jetzt zu genießen, vermutlich werden sie kaum besser werden; aber es hängt natürlich auch vom eigenen Geschmack ab. In einigen Jahren wird sich das Bild vermutlich ändern. Besonders stark schätzen wir die Kollektionen von Keller, Schönleber und Bürklin-Wolf ein, die in 2010 erneut überaus ansprechende Große Gewächse abfüllten, die sich in unserer Blindverkostung wiederholt durchsetzten.

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Weingut Alzinger Riesling Loibner Steinertal Smaragd, 2002

Alzinger Steinertal 2002 (100 von 1)Der Steinertal von Alzinger zählt zu den großen 2002er-Rieslingen, die sich derzeit in einem feinem Reifestadium befinden. Bereits mehrfach hatte ich diesen Wein, überwiegend blind, im Glas und jedesmal erreichte er knapp eine große Wertung. Was macht ihn so besonders? Zunächst einmal ist er schnell als gereifter Wachauer Riesling zu erkennen, so kommt er fast ausschließlich im Duft über eine tiefe Mineralik, vor allem getrockneter Zigarrentabak, Jod, Malz und erhitzem Stein, alles sehr verspielt, klar und fast feinsinnig. Trotz seiner Kraft hält er mustergültig stets die Balance und im Mund kommen sogar herrlich klare Zitrus- und junge Kernfrüchte auf, im Hintergrund auch Aprikosen. Er ist am Gaumen nur von mittlerer Konzentration mit pickanter Säure, die ordentlich Schwung in den Wein bringt. Trotz der feinen Frucht kommt er auch am Gaumen primär über eine komplexe Mineralik und Kräuterwürze, ein Hauch Schmelz verbindet alle Komponenten elegant, im Nachhall fast tänzelnd mit gewaltiger Länge, er endet, wie sonst, auf einer steinbetonten Mineralik. Große Rieslingkunst mit noch reichlich Zukunft. Wer ihn noch beim Händler oder auf einer Weinkarte findet unbedingt zuschlagen.

Vom Fachhandel, damals um die 20 Euro, 95 Punkte (groß), jetzt bis 2020

Emmerich Knoll Riesling Ried Schütt Smaragd, 1999

Einmal im Jahr bin ich beruflich in Las Vegas. Nachdem ich mich beim ersten Mal erfolglos am Glücksspiel versucht habe, gebe ich mein Geld seitdem lieber für gutes Essen aus. Wer einen kulinarischen Reisetipp benötigt: Mit Vegas liegt man nicht verkehrt. Ich lasse mich gerne von Kundigeren korrigieren, aber die 2,5 Meilen Strip zwischen Wynn/Encore und Mandalay Bay dürften in etwa die höchste Dichte an Restaurant-Qualität weltweit aufweisen. Ähnliches gilt für die Weinkarten: Wer gerade eine sechsstellige Summe am Pokertisch gewonnen hat, möchte natürlich als nächstes einen 82er Mouton aufziehen. Mit $26.000 sind Sie dabei.

Vergleichsweise günstig gibt es Riesling. Der Schütt von Knoll ist mir aus anderen Jahrgängen in bester Erinnerung, hier im Blog ist er so eine Art Hauswein. Wir hatten bereits den 2000er, gleich nochmal den 2000er, den 2004er, 1997 und 2003 in einer Probe, 2008 und eben den 1999er. Als ich ihn auf der „Weinkarte“ (es war ein iPad) entdeckte, war die Wahl gefallen.

Er kam ohne Dekantieren ins viel zu kleine Glas. Beide Fehler wurden vom Kellner dankenswerterweise schnell behoben. Wüsste ich den Jahrgang nicht, beim ersten Schnüffeln ergäbt sich für mich keine Ahnung, wie alt dieser Wein ist – niemals wäre ich auf das letzte Jahrtausend gekommen. Null Firne, immer noch sehr frisch, gelb-grüner Apfel, dezente Steinfrucht. Mit mehr Luft öffnet sich eine tiefe Struktur mit viel Stein und etwas Rauch. Tiefe ist das Wort, das über allem stehenbleibt.

Der erste Schluck enttäuscht zunächst. Vor allem schmecke ich Säure. Hier wird klar, dass wir ihm erstmal eine halbe Stunde Verschnaufpause einräumen müssen. Und es lohnt sich. Im Mund changiert der Wein hin und her, auch hier zeigt sich wie in der Nase schon vor allem Tiefe. Und: Länge. Fruchtnoten wollen mir nicht einfallen, ganz hinten zeigt sich ein ganz dezente (Frucht?)Süße, über den ganzen Mund verteilt eine äußerst vitale Säure. Ganz tolle Struktur, enorm komplex und elegant.

Die Flasche ist viel zu schnell leer. In unserer Verkostung von vor über vier Jahren bescheinigen wir dem Wein, dass er „trotz seines Alters viel Druck am Gaumen“ entwickelt. In der Zwischenzeit hat sich nichts daran geändert. Ein altersloser Wein.

Im Restaurant, $130.-, 93 Punkte (ausgezeichnet), jetzt trinken oder auch noch liegen lassen

Weingut Prager Riesling Weissenkirchen Achleiten Smaragd, 2001

Eine betörend mineralische Nase mit leicht medizinalen Anklängen. Erinnert an erhitzten Stein, Tonboden und Feuerstein, mitten darin auch etwas Heftpflaster, eingetrocknete gelbe Früchte und die Anklänge von Jod und gebrannten Mandeln lassen einen Botrytiseinschlag vermuten. Von Frucht ist da nicht mehr viel, mir fehlt aber auch nichts. Lässt eine gewisse Wucht und Schwere im Mund vermuten, die sich dann erfreulicherweise nicht einstellt.

Natürlich verfügt der Wein über eine hohe Extraktdichte, sein Körper ist betont mittelkräftig, aber er ist überraschend klar und trocken. Obwohl auch hier die Botrytis deutlich wird, ist der Wein sehr animierend und frisch. Aromatisch ist es auch am Gaumen ein Wein für Liebhaber von mineralisch geprägten Gewächsen. Animierendes Säurespiel, dass gemeinsam mit den mineralischen Aromen über den gesamten Verlauf in großer Harmonie sehr lebendig über den Gaumen tanzt. Scharfe Zeichnung. Extraktdichte, kandierte Zitrusfrüchte und eine Ahnung gelbe Früchte ohne jede Süße verleihen dem Wein in Tick Charme. Aufkommende Wildkräuter verleihen eine weitere Nuance. Mittellanges, packend salzig-mineralisches Finish. Hochspannende Stilistik, die im Glas immer wieder neue Eindrücke offenbart und so über die gesamte Zeit spannungsgeladen bleibt.

Vom Fachhandel, damals um die 20 Euro, 90-91 Punkte (ausgezeichnet), jetzt bis 2017

25 Jahre Smaragd – Riesling und Grüner Veltliner aus der Wachau

25 Jahre Smaragd von 2010 bis 1986
Jahrgangs-Verkostung Riesling und Grüner Veltliner im Rahmen der VieVinum in Wien
2. Juni 2012 Kleiner Redoutensaal, Hofburg Wien

Im Rahmen der VieVinum lud die Vinea Wachau zu einer besonderen Verkostung im kleinen Redoutensaal in die Wiener Hofburg ein. 25 Jahrgänge Smaragd zurück bis 1986 standen an. Bis auf einen Weißburgunder standen naturgemäß Riesling und Grüner Veltliner im Fokus. Damit ergab sich hier eine seltene Gelegenheit nahezu die gesamte Schaffensperiode der Vinea Wachau im Glas zu haben, denn meines Wissens war 1983 das Gründungsjahr. Erst ab 1987 hat man sich schließlich auf den Begriff „Smaragd“ für die großen, trockenen Gewächse geeinigt und so trug der 86er Riesling von Hirtzberger noch die alte Bezeichnung „Honivogel“, eine Parzelle aus dem Singerriedel; dem besten Grünen Veltliner von Hirtzberger heute.

Als Vereinigung von Winzern einer Region sollte im Rahmen einer solchen Verkostung auch die ganze Bandbreite an Winzern, Lagen und Weintypen vorgestellt werden. Und so fanden sich nicht nur die üblichen Verdächtigen im Line-Up wieder, sondern auch unbekanntere Erzeuger.

Es wurde von jung nach alt verkostet, was bei derartigen Veranstaltungen üblich ist. Aus sensorischen Gründen möchte ich hier einmal für eine umgekehrte Reihenfolge eintreten…Weiter lesen

Wachau Jahrgang 2010 – Smaragd-Probe Grüner Veltliner und Riesling

2010 wird in der Wachau aller Voraussicht als ungewöhnlicher Jahrgang eingehen. Ungewöhnlich hinsichtlich der Menge, denn sie war klein, sehr klein sogar und auch ungewöhnlich ob der Charakteristik der Weine. Ursache waren vermutlich die Wetterkapriolen, die die Winzer in diesem Jahr zu überstehen hatten. Ging es noch mit einer dauerhaften Schneedecke bis Ende Februar durchaus üblich los, war der Frühling ungewohnt kühl und regnerisch. Die Marillenbäume blühten erst gegen Mitte bis Ende April und der Austrieb der Reben lies ebenfalls auf sich warten. Auch während der Blüte war es vornehmlich ungemütlich frisch und so kam es zu erheblichen Verrieselungsschäden beim Grünen Veltliner als auch beim Riesling. Bis auf einen heißen Juli war der Sommer im Allgemeinen ebenfalls eher kühl, dasselbe Bild im Herbst. Und so verzögerte sich die physiologische Reife der Beeren teilweise bis Ende Oktober. Es ging ziemlich an die Nerven der Winzer und jene die zu früh lasen,… Weiter lesen