Kraftakt Pinot Noir VII — Frankreich gegen den Rest der Welt

Feature

Beginne das Jahr nicht mit kleinen Weinen. So halten wir es seit sechs Jahren mit unserem Kraftakt Pinot Noir und schickten 16 gereifte Spätburgunder ins Rennen. Dabei hatten wir diesmal so viele Franzosen und auch so viel Qualität wie noch nie am Start. Und trotzdem gab es endlich mal einen deutschen Sieger – einen wunderbar gereiften, superseidigen, auf ganz hohem Niveau charmanten Spätburgunder aus Heidelberg, den wir allesamt ins Burgund gesteckt hatten. Weiterlesen →

Domaine Méo-Camuzet Pinot Noir Nuits-Saint-Georges Aux Boudots Premier Cru, 2007

IMG_0432Der 2007er-Aux Boudots von Meo-Camuzet ist ein Pinot, wie ich es mir von dieser Lage erhoffe. Fein, subtil, tief und ohne die oftmals gröbere Struktur eines Nuits-Saint-Georges, vielmehr trägt er noch die Feinheit seiner Nachbar-Appeltation Vosne-Romanée in sich, an dessen unmittelbaren Grenze dieses Cru liegt. Schon heute wunderbar zu trinken, wenngleich er sich wohl erst in zwei bis drei Jahren vollständig entfaltet haben wird. Er duftet feinsinnig nach diversen Blüten und Früchteteearomen, ein Hauch Jasmin lässt an asiatische Tees erinnern, dazu Abrieb von Orangen und Zitronen, nicht zu vergessen rote Johannisbeeren und ein Hauch Sauerkirsche, im Hintergrund zeigt sich eine noch verschüchterte Kräuterwürze, insgesamt komplex und klar. Am Gaumen von mittlere Dichte, saftig-feinsinniger Auftakt nach roten Johannisbeeren, Orangenabrieb und erneut Jasminblüten, sehr eigenständig, es zeigen sich auch Kräuter, eine feine Röstigkeit vom Faßausbau, feinsinniges, lebendiges Säurespiel, ungemein animierender Trinkverlauf, die Flasche leert sich in Rekordzeit, vollkommen reintönig, die Tanine noch, wirklich nur einen Hauch trocknend, und der Fruchtkern nicht ganz entfaltet, ich muss es nochmal sagen: ungemein frisch und klar, ausgezeichneter Nachhall. Ein fast femininer Burgunder mit glockenklarer und frischer Fruchtausprägung. Ein Hochgenuss, der leider mittlerweile seinen unverschämten, äh ich meinte burgundischen Preis hat.

Aus einer Auktion, 67 Euro (heute ca. 120 Euro), 92 Punkte, jetzt bis 2030

Domaine Fourrier Pinot Noir Gevrey-Chambertin 1er Cru Champeaux Vieille Vignes, 2007

IMG_0393Seit Jean-Marie von seinem Papa Jean-Claude zu Beginn der 90er-Jahre diese Domaine übernommen hat, entwickelt sich das Gut derart gut, dass es heute sicherlich zu den besten Domaines der gesamten Cote-d’Or gezählt werden darf. Strikt im Einklang mit der Natur werden hier Weine von großer Natürlichkeit und Klarheit erzeugt. Die Trauben werden entrappt und dann im Keller möglichst sich selbst überlassen. Bei nur 20% Neuholz darf der Pinot seine herrliche Frucht ungeschminkt zeigen und oftmals schmeckt man bei Fourrier, ob der Wein aus Gevrey, aus Chambolle, aus Morey oder aus Volnay kommt; in allen Appellationen hält die Domaine Besitze bedeutender Lagen, wobei der Schwerpunkt wohl in Gevrey-Chambertin liegt. Für alle, die ihre Nase voll haben von den holzgeschwängerten, süßen Pinots egal welcher Herkunft, ist diese Domaine eine unbedingte Empfehlung.

Heute habe ich mir seinen Champeaux aus 2007 ausgesucht. 2007 gilt als früh zugänglicher Jahrgang, was auch dieser Pinot bestätigt. Überzeugendes Bukett mit dunklen, noch jugendlich anmutenden Beeren und Schwarzkirschen, hinter der Frucht getrocknete Kräuter, Thymian und dazu die üblichen speckigen Aromen von luftgetrocknetem Schinken. Dazu ganz dezente Noten vom Fassausbau, Herrenschokolade, etwas Nüsse, leicht mineralische Anklänge, noch sehr jugendlich kompakt die Nase, aber überzeugend. Am Gaumen schlichtweg ein toller Pinot, perfekte Verbindung aus Konzentration und Feinheit, im Antrunk viel Saft von dunklen Beerenfrüchten und herrlich gereiften Schwarzkirschen, dazu Orangenzesten, steinwürzige Mineralität umgibt die Frucht, dazu getrocknete Kräuter und Schinken, die Tannine herrlich reif, noch mit ganz zartem Grip. Der Wein ist noch jung, aber jetzt in einer perfekten Trinkphase. Diese ungemeine Saftigkeit der glockenklaren Pinotfrucht ist einfach sehr ansprechend. Im Mund zeigt sich das Holz noch weniger als in der Nase, hier darf sich wirklich die Frucht ausbreiten, ist aber derart vielschichtig, kühl und nobel, dass es mir nie langweilig wird. Dazu kommt ein packender und harmonischer Verlauf bis in den sehr guten Nachhall. Das hier ist schlichtweg ein ausgezeichneter Burgund am Beginn seiner Trinkreife und mit viel Zukunft ausgestattet.

Aus einer Auktion, 80 Euro, 92 Punkte (ausgezeichnet), jetzt bis 2025

Domaine Robert Chevillon Pinot Noir Nuits-Saint-Georges 1er Cru Les Vaucrains, 1996

Chevillon Les Vaucrains, 1996 (1 von 1)Der Vaucrains von Robert Chevillon habe ich dank eines Weinfreundes und Liebhaber des Burgunds vor etlichen Jahren entdeckt und seitdem habe ich den Wein recht regelmäßig im Glas. Nuits-St-Georges ist nicht unbedingt meine bevorzugte Appelation im Burgund. Die Weine sind würzig-erdig, rustikal und neigen zu Aromen, die ich eher der Côte des Beaune zuschreiben würde. Dies trifft auch auf den Vaucrains zu, aber Chevillon schafft es sehr regelmäßig eine klare und saftige Frucht dagegenzusetzen.

In der Nase Walderdbeeren, Pflaumen, bodennahe Würze, getrocknete Kräuter, kraftvoll, fast jugendlich, im Hintergrund Abrieb von der Zitrone. Am Gaumen zeigt der Wein sich noch erstaunlich jugendlich, im Antrunk viel Sauerkirschen, etwas Himbeeren und Cassis, dazu Teer und Kräuterwürze, die Säure ziemlich pikant, wirkt noch sehr kompakt, die Tannine noch nicht ganz abgeschmolzen, zeigt noch Krallen, trotzdem steht dem soviel Frucht dagegen, dass ich mich nicht daran stören kann, dazwischen blitzen immer wieder Zitrusfrüchte, Sauvage-Anklänge und die übliche bäuerliche Grobheit von Niuts-Saint-Georges durch. Ein Burgunder, der ganz hervorragend zu unserem gebratenem Hirschfilet passte. Als Solist fällt mir dann auf wie sehr er sich hinten raus verschlankt und eine uncharmante Tanninstruktur offenbart, der Nachhall wird dadurch ordentlich ausgebremst. Dadurch verleidet er es mir eine ausgezeichnete Wertung zu geben, aber so ist 1996 oftmals – lange haltbar, jugendlich frisch, aber zuweilen mit groben und uncharmanten Tanninen.

Vom Fachhandel, 70 Euro, 88-89 Punkte (sehr gut), jetzt bis 2023

Domaine Christian Clerget Pinot Noir 1er Cru Les Charmes Chambolle-Musigny, 2005

Clerget les Charmes, 2005 (1 von 1)Erst kürzlich war ich enttäuscht von dem 2006er-Echezeaux des Weingutes. Seine übermäßigen Tannine verleideten nicht nur mir, sondern jedem anderen am Tisch die Trinkfreude. Ich wollte daher recht schnell nochmal einen Wein dieser Domaine probieren und meine Wahl viel auf den Les Charmes, einer Premier Cru-Lage ziemlich genau im Zentrum der Appelation Chambolle-Musigny.

Dieser Chambolle-Musigny präsentierte die Feinheit und Klarheit, die ich von einem Wein aus dieser Appelation erwarte. Er duftete noch jugendlich nach roten Beeren umgeben von floralen Anklängen, herb-würzige mineralische Noten, getrocknete Kräuter, sehr dezente Faßnoten nach dunkler Herrenschokolade und Kokos im Hintergrund, reintönig und herrlich fruchtig. Am Gaumen überaus animierend dank seiner saftigen Frucht und einer feinporigen Säure, die perfekt mit der Frucht vermählt war. Über den gesamten Verlauf spielten beide ein perfektes Duett und es lag über allem ein Geschmack von roten Waldbeeren, insbesondere Aromen von der Sauerkirsche waren präsent, diese einen Hauch überzogen von Karamell und Schokolade.  Diese Aromen vom Faßausbau und die Frucht brachten den Wein in eine ansprechende Balance. Die in der Nase wahrgenommene Mineralität stellte ich am Gaumen weniger fest, nur eine gewisse Würze von diversen Trockenkräuter nahm ich war und erneut florale Noten. Dieser Pinot hatte heute Saft, Frucht und einen gewissen Schmelz, wirkte aber nie süß und lässt sich heute in diesem jugendlichen Stadium herrlich genießen. Hinterlässt einen durchaus nachhaltigen Eindruck, die Tannine sind reif, noch etwas aufrauhend, aber bestens integriert und er bleibt auch lange am Gaumen stehen. Ausgezeichnet!

Vom Fachhandel, 46 Euro, 91 Punkte (ausgezeichnet), jetzt bis 2025

Domaine Bouchard Pére & Fils Pinot Noir Le Corton Grand Cru, 2006

IMG_0319Die Nase duftig und feinsinnig; erinnert mich an rote Johannisbeeren, getrocknete, gecrunchte Kräuter, ein zarter Hauch Würze und Schokolade vom Faßausbau, dahinter Anklänge von frisch aufgeschnittenen Orangen und Zitrusnoten, trotz vorhandener Feinheit verkennt das Bukett nicht die Festigkeit eines Grand Crus. Erscheint mir jetzt in einem geöffneten Stadium. Oftmals habe ich Pinots aus dem Corton gröber, oder anders ausgedrückt maskuliner wahrgenommen, dies ist hier nicht der Fall. Am Gaumen von betont mittlerem Körper, der saftige, klarfruchtige Auftakt lässt bei mir sofort große Freude aufkommen  – ach wie schön, willkommen du Herbst, die Jahreszeit für Pinots aus dem Burgund. Auch hier zeigt sich mir eine geöffnete und reinfruchtige rote Johannisbeere, dazu schmeckt es wie jugendliche Schattenmorellen. Die Kräuter und die Anklänge vom Faßausbau sind herrlich mit den Fruchtnoten verwoben und komponieren so die notwendige Vielschichtigkeit in den Wein, die ich mir von einem Grand Cru erhoffe. Die Faßaromen würzig, ohne Süße, präsent, ohne sich aufzuspielen. Die Tannine fassen den Wein noch selbstbewußt ein, eine leichte Pelzigkeit breitet sich auf meinem Gaumen aus, dies stört mich aber nicht wirklich, denn die Frucht ist über den gesamten Verlauf das bestimmende Element.

Dieser Corton ist natürlich noch ein wenig jugendlich, seine Kraft noch ungezähmt, aber er lässt schon einen schönen Einblick in seine Aromatik zu und ja, wer eine gewisse Primärfruchtigkeit in einem Wein nicht vermissen möchte, darf gerne schon jetzt den Wein öffnen und wird gefallen darin empfinden – besser wird er vermutlich nicht mehr werden, nur anders. Die Säure ist hinreichend agil und schon heute bestens eingebunden. Insgesamt ein ausgezeichneter Pinot, der mit seinem mittlerem Tiefgang weniger aufgrund seiner aufregenden Komplexität überzeugt, als dank einer ansprechenden Harmonie und Trinkigkeit, dies mag sich aber noch mit etwas Reife entwickeln. Erneut erweist sich der Jahrgang 2006 als harmonisches und früh zugängliches Jahr.

Vom Fachhandel, 60 Euro, 91 Punkte (ausgezeichnet), jetzt bis 2021

Weiße Burgunder von der Côte d’Or von 1978 bis 2007

chardonnays
Ein guter Weinfreund öffnete an diesem Abend seine Schatzkammer mit gereiften Chardonnays von der Côte d’Or. Für mich war es die erste Probe in dieser Breite und auf diesem Qualitätsniveau. Der Gastgeber achtete bewusst auf eine große Auswahl an Winzern und Appellationen, und so durften wir eine repräsentative, aromatische Bandbreite weißer Burgunder verkosten. Dank der vielen Jahrgänge konnten wir den Chardonnay in vielen unterschiedlichen Entwicklungsstufen erleben. Die gereiften Weine mit einer „19“ auf dem Etikett belegten erneut die Reifefähigkeit der weißen Burgunder – fast alle präsentierten eine saubere Fruchtaromatik, das Holz war oft gar nicht mehr oder nur mehr leicht im Hintergrund zu vernehmen. Dafür brachten komplexe Sekundäraromen Tiefe und Komplexität ins Bukett und an den Gaumen. Weiterlesen →

Domaine Christian Clerget Chambolle-Musigny 1er Cru Les Charmes, 2006

Clerget Chambolle-Musigny Les Charmes, 2006 (1 von 1)Heute muss ich arbeiten – kommenden Dezember findet bei mir eine Burgund-Probe statt, ausschließlich mit Weinen aus der Appellation Chambolle-Musigny. Da heißt es Line-up erstellen, Orga-Kram, Infomationen zu den einzelnen Weinen recherchieren etc. Damit ich in die rechte Stimmung komme, habe ich mir einen Wein eben aus Chambolle aufgemacht. Mein Wahl fiel auf Christian Clerget, ein kleiner familiärer Betrieb (sechs Hektar), der seinen Sitz zwar in Vougeot hat, aber seit vielen Generationen auch Weine aus der nur einen Steinwurf entfernten Nachbarappellation erzeugt. Die Wahl fiel auf den Jahrgang 2006, eben weil dieses Jahr charmante, früh zugängliche Pinots hervorgebracht hat, die meiner Erfahrung nach heute viel Trinkfreude bereiten können.

Dieser Les Charmes wurde zu einem Drittel im neuen Holzfass ausgebaut, der Rest in Zweit- und Drittbelegung. In der Nase zeigt sich das Holz noch spürbar, geht jedoch eine schöne Verbindung mit der sauberen, jugendlichen, roten und dunklen Beerenfrucht ein, dazu viel gemörserte, getrocknete Kräuter, insgesamt ein offenes, harmonisches und fruchtbetontes Bukett mittlerer Komplexität. Am Gaumen ist der Wein von mittlerer Dichte, auch hier geöffnet, noch jugendlich anmutend mit sauberer und dichter Fruchtigkeit, im Antrunk expressive Him- und Brombeeren, mit dunkelröstiger Holzwürze, sehr gut verbunden, mir käme ein winziger Tick weniger Holz entgegen. Der Wein dürfte sich hervorragend zu einem kräftigen Essen einfinden, die Tannine haben Grip, sind aber weich und reif, die Säure, bestens in der Frucht integriert, würde ich eher als fein und weich bezeichnen, trotzdem trinkt sich der Wein animierend, erneut viel gecrunchte Kräuter. Aufgrund der Kräuter und der Fassaromen wirkt er etwas herb, so fehlt mir hier allerletzte Eleganz. Insgesamt ist der Wein aber harmonisch mit einer gewissen Tiefe und mittlerem Nachhall. Meadows gibt dem Wein 91 Punkte, die ich persönlich heute noch nicht im Glas vorfinde. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Mit der Zeit zeigt die expressive Fruchtigkeit immer mehr Facetten. Ein insgesamt sehr ansprechender Charmes.

Vom Fachhandel, 48 Euro, 88-89 Punkte (sehr gut), jetzt bis 2020

Zweimal roter Burgunder aus zwei Ländern

Zwei Pinots am Abend (1 von 1)Kürzlich suchte ich als Begleiter zum Essen zwei Burgunder heraus, die ich in Ruhe über den gesamten Abend verkosten konnte.

Domaine Drouhin-Laroze Pinot Noir Gevrey-Chambertin 1er Cru Lavaut Saint-Jacques, 2005

Kühler, recht dichter Duft nach jugendlichen roten Johannisbeeren, umkleidet von einem mineralischem Gewand aus Kalkstaub, sehr dezenter Holzeinsatz, nur ein Hauch Marzipan und dunkle Herrenschokolade lassen einen geringen Einsatz von Neuholz erkennen, vegetabile Noten und Kräuter im Hintergrund. Am Gaumen von betont mittlerer Dichte, die Kraft des Jahrganges und seine langsame Entwicklung werden wiederholt offensichtlich, denn der Wein ruht noch in einer Höhle. Er zeigt im Antrunk eine schöne reintönige rote Beerenfrucht, die Tannine reif, aber noch deutlich zupackend, rauhen den Gaumen noch leicht auf, festes steinwürziges mineralisches Fundament, noch sehr kompakt, ein Korb voller getrockneter Kräuter, die dem Wein ab der Mitte einen herben Einschlag mitgeben, mittlerer Nachhall. Dieser Lavaut zeigt sehr gute Anlagen, besticht mit seiner Reintönigkeit und Feinheit, dazu erscheint mir sein Holzeinsatz ideal, von der Hitze des Jahrganges ist nichts zu spüren. Er sollte in fünf Jahren ein ausgezeichnetes Genußerlebnis sein – also noch unbedingt liegen lassen.

Aus dem Fachhandel, heute ca. 70 Euro, 88+ Punkte (sehr gut), ab 2020+

Weingut Benderhof Spätburgunder Selection Kallstadter Steinacker „S“, 2007

In der wuchtigen, süßlichen Nase ein hochreifes Beerenaroma, dazu überreife Pflaumen, viel Schokolade, Weihnachtswürze, allem voran Wachholder. Röst- und Grillaromen zeugen von einem ambitionierten Holzeinsatz, der Alkohol reizt die Schleimhäute, unmittelbar als deutscher Spätburgunder zu erkennen, was nicht als Kritik zu werten ist. Am Gaumen wirkt der Wein wuchtig, ja fett, mit heftigem Holzeinsatz, bereits im Antrunk mischen sich in den satten Auftakt mit hochreifen dunklen Beeren- und Kernfrüchten deutliche Grillaromen, Wachholder, Nelke, erste Reifearomen, Schokolade und Marzipan. Dieser Pinot schiebt sich mit all seiner Kraft und Fülle über den Gaumen, die Tannine sind samtig. Der Wein ist jetzt auf seinem Höhepunkt und vollständig geöffnet, im Kern zeigen sich erste Reifearomen nach Waldboden und Laub, doch die Süße der Frucht führt sein verführerisches Spiel heute noch bis zum Ende auf, leider wärmt spätestens ab der Mitte der Alkohol deutlich und zeigt sich im Nachhall gar leicht schärfend, der Nachhall hat Länge. Der Wein wirkt aufgrund seiner ganzen Üppigkeit überambitioniert, ein früherer Lesezeitpunkt, etwas weniger Neuholz, oder eine andere Fassröstung hätte dem Wein vielleicht mehr Frische und Eleganz verleiht, gerade in einem so heißem Jahr wie 2007. Da hatte ich schon bessere Pinots von Benderhof im Glas.

Als Geschenk erhalten, ca. 14 Euro, 84 Punkte (gut), jetzt bis 2020

 

Domaine Heresztyn Gevrey Chambertin Vieilles Vignes, 2002

Heresztyn Gevrey-Chambertin Vieilles Vignes, 2002 (100 von 1)Erneut ein sehr schöner Pinot von der Domaine Heresztyn. Der Vieilles Vignes ist von der Menge und Wirtschaftlichkeit der wichtigste Wein für diese Domaine. Soweit ich weiß, werden davon jedes Jahr über 20.000 Flaschen gefüllt und er kommt aus mehreren, unterschiedlichen Village-Lagen, die von der Domaine teilweise bereits seit drei Generationen bewirtschaftet werden. Die große Erfahrung mit den Terroirs (gepflanzt ab 1926) und den vielfältigen Möglichkeiten zur Assamblage vor Abfüllung, sorgen für eine gleichbleibend hohe Qualität. Ein weiteres Plus ist sein verhältnismäßig günstiger Preis.

Der 2002er hat jetzt seine volle Trinkreife erreicht und zeigt einen animierenden herben, leicht teerigen Duft, gecrunchte Kräuter, verhältnismäßig dunkle Beerenfrüchte für einen Gevrey, dahinter rauchig-holzige Noten vom Faßausbau und feines Sattelleder. Weckt sofort Vorfreude auf den ersten Schluck. Am Gaumen für einen Village-Wein erstaunlich dicht, der Auftakt bietet seine satte, dunkle Beerenfrucht in der herbe Kräuter und Gewürze verwoben sind, im weiteren Verlauf spielt die Säure fein und schwungvoll auf und die Frucht wandelt sich vermehrt zu roten Johannisbeeren, was dem Wein Frische verleiht, es bleibt jedoch die würzig, leicht herbe Tonart erhalten, dazu tauchen immer wieder Ledernoten und Röstaromen auf, insgesamt balanciert, guter Trinkfluss und durchaus vielschichtig, hinten raus klingt er dann mittellange sehr harmonisch aus. Ein wirklich gelungener Village, den ich jetzt die nächsten fünf Jahre trinken würde.

Vom Fachhandel, ca. 25 Euro, 88 Punkte (sehr gut), jetzt bis 2019

Jean-Michel Gaunoux Pommard Les Perrières, 2002

Gaunoux Les Perrieres, 2002 (100 von 1)Vor gut einem Jahr habe ich bereits den 2004er verkostet und beschrieben
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Vom Fachhandel, 24 Euro, 86 Punkte (sehr gut), jetzt bis 2018

Große Vandermeulen Burgunder-Probe der Jahre 1921 bis 1955

Vandermeulen 2014 Titel 3 (100 von 1)Am 13. September 2014 konnte ich dank Achim an einer nicht zu wiederholenden Burgunderprobe teilnehmen. Insgesamt 19 (!) Vandermeulen präsentierte uns Achim in diversen Flights, stets kombiniert mit anderen hochkarätigen Erzeugern aus dem gleichem Jahrgang. Nach zwei Weißwein-Flights gingen wir chronologisch von 1921 bis 1995 vor, nur beim letzten Flight ging es dann zurück zum formal schwächeren Jahrgang 1952. Die Probe entpuppte sich als ein einziges Feuerwerk der Aromatik des Burgunds. Keine Flasche war fehlerhaft und der schwächste Wein war mit 86 Punkten immer noch sehr gut trinkbar. Darunter fanden sich mit dem 1947er-Chambertin, dem 1995er-Vosne-Romannee, dem 1926er-Chambertin und dem 1947er-Richerbourg die Mütter aller Burgunder. Dem letzten „musste“ ich dann als ersten Wein meines Lebens 100 Punkte vergeben, einen derartig perfekten anmutigen Wein hatte ich bis dahin noch nie erleben dürfen. Ein unvergesslicher Weinmoment in kundiger und angenehmer Gesellschaft. Dazu bereitete uns das Team im Landhaus Mönchenwert einen herzlichen Empfang und verwöhnte uns mit einem Menü auf Sterneniveau.

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Hospices de Beaune: Domaine Seguin-Manuel Pinot Noir Volnay Premier Cru „Cuvée General Muteau“, 1995

1995-HdBSMVIch hatte durchaus leichte Bedenken hinsichtlich des Zustandes dieses Weines, während ich den vollständig durchtränkten Korken mit viel Mühe aus der Flasche herausarbeiten musste – aber einmal mehr bewahrheitete sich, zum Glück, dass der Zustand des Korkens allein kein Indiz für den Zustand des Weines in der Flasche selbst ist (der Flasche hatte auch einen sehr guten Füllstand).

Dieser Wein, eine Cuvée aus fünf Premier Cru Lagen in Volnay (Le Village, Carelles sous Chapelle, Les Fremiets, Taille Pieds, Les Caillerets Dessus), dessen Namenspatron ein Kriegsheld aus dem ersten Weltkrieg ist,  zeigt sich mit braun-rostroter Farbe, einem leichten Wasserrand und einer ansprechenden und durchaus schon vielfältigen würzig-schokoladigen Nase, die sehr angenehm begleitet wird von süßlicher, dunkler Kirschfrucht, weitern dunklen Früchten und tertiären Waldbodenaromen (Champignons), zudem zeigt sich hier eine balsamischen Aromen-Mischung aus Teer, Soya-Soße, Speck und schwarzem Tee.Der Wein verändert sich an der Luft stetig, auch Orangeschalenzesten finden sich nach einiger Zeit; das ist wirklich schön, hier wiederholt auf Entdeckungsreise gehen zu können.

Im Mund etwas weniger weit fortgeschritten, was den Reifezustand im Vergleich zur Nase betrifft – leider aber nicht ganz so vielfältig: klarer und kräutriger Schwarzkirschantrunk, auch Brombeere, Speck und eine feine Minzigkeit, dazu eine stimmig begleitende dunkle Schoko-Holz-Würze, die für einen etwas herberen Gegenpart zur Frucht sorgt; die Frucht öffnet sich im Mund und dem weiteren Verlauf, sie wird von einer stimmigen Extraktsüße nur begleitet, dann aber von der durchgehend mitschwingenden Holzwürze eingefangen und aromatisch verdrängt.Mittlere Dichte im Mund, der Wein hat einen trinkanimierenden und beweglichen Körper. Die frische Säure verpasst dem Wein eine gute Führung und sorgt für eine speichelanregende Pikanz. Hierdurch hat der Wein auch wieder etwas Balsamisches.

Dieser Burgunder zeigt einen insgesamt harmonischen Verlauf, wenngleich seinen Anlagen – im Mund jedenfalls – einen ganz leichten Hang zur Rustikalität haben, die aromatisch der Holzwürze und der Säure geschuldet sind. Klasse hat dieser Wein, ohne Frage, auch regionale Typizität. Erst im deutlich mittellangen Nachhall zeigen sich die aus der Nase bereits bekannten Tertiäraromen stärker – ohne insoweit zu stören.In seiner Jugend mag dies ein eher Holz-betonter Wein gewesen sein, nach knapp 20 Jahren Reife ist das Tannin aber schon sehr weit abgeschliffen, es bleibt mit dem Nachall nur ein leicht trocknender Film zurück, der das Trinkvergnügen nicht (mehr) sonderlich beeinträchtigt. Macht sich besonders gut als Essensbegleiter zu Fleischgerichten.

Am ersten Abend eine Stunde karaffiert, dann über zwei Abende mit gleichbleibender Güte getrunken. Der Wein ist heute voll trinkreif – er wird sich auf diesem Niveau sicher noch zwei, drei  oder vielleicht auch fünf Jahre halten. Aber wozu warten?

Aus der Versteigerung, um  25  EUR, 89 Punkte (sehr gut), jetzt trinken

Domaine Maillard Pére & Fils Corton-Renardes Grand Cru, 2006

Maillard Corton-Renardes Grand Cru, 2006 (100 von 1)Expressives Bukett nach roten Waldbeeren, dazu Himbeeren, eigenwillige Note nach Trüffeln, dahinter florale Anklänge, etwa staubige Faßaromen, leider zieht der Alkohol ein wenig die Nase hoch, trotzdem angenehm freinfruchtig die Blume. Am Gaumen dicht strukturiert, kräftiger Auftakt nach dunklen Früchten, sehr würziger Einschlag, der Wein explodiert aromatisch förmlich im Mund, die Ursache dafür liegt leider im Alkohohl, denn davon wird der Wein deutlich über seinen gesamten Verlauf getragen, das Holz ist bereits gut eingebunden und auch die Tannine wirken reif und sind nur noch angenehm griffig am Gaumen zu spüren, mittlere Länge und Komplexität. Eigentlich ein gelungener Corton, der jedoch, zumindest am ersten Abend, ein echtes Alkoholproblem hatte und sich im jetzigen Zustand wenig animierend trinkt, dies mag jedoch zu einem kräftigen Essen ganz anders sein. Am darauffolgenden Abend begegnete mir der Wein deutlich entspannter und auch die alkoholische Note besser eingebunden. Freilich war es noch ein kräftiger Wein, seine Frucht wirkte nun jedoch reichhaltiger und gewogener, samt schöner schokoladigen und milder Kräuterwürze im langen Nachhall. Wie gesagt; zum Essen schon heute sehr gut, es ist jedoch nicht wagemutig ihm eine gute Entwicklung in, sagen wir mal, fünf Jahren, zuzutrauen. Nur eine positive Disposition zu der kräftig-kernigen Corton-Stilitik wird vom geneigten Weinfreund abverlangt. Aber dies ist nunmal nicht ein Makel des Weines…

Vom Fachhandel, 36 Euro, 87-88+ Punkte (sehr gut), jetzt bis 2021

Kraftakt Spätburgunder – Teil IV

Kraftakt SB 2013 Titel 1 (100 von 1)Es gibt Verkostungsnotizen, die liegen einem wie Blei auf der Seele. Als Schriftführer dieses Kraftaktes ließ ich mein kleines schwarzes Büchlein im Januar 2013 bei den Gastgebern liegen. Und wie es der Teufel aka Zufall wollte, dauerte es über ein Jahr, bis das Büchlein wieder zurück in meinen Besitz kam. Spätestens damit hatten die Notizen eigentlich nur noch antiquarischen Wert. Dass das Protokoll gleichwohl geschrieben werden sollte, stand für mich außer Frage. Allein, wann Zeit dafür finden…

Unsere Leser sind daher heute nicht minder herzlich dazu eingeladen, in diesem Altertümchen zu stöbern; da ich an diesem Abend viel mtgeschrieben hatte, fiel es nicht schwer, die Notizen nun doch noch „mit ein wenig zeitlichem Nachlauf“ zu erstellen.

Da wir einige schöne Weine mit „Reserven“ am Start hatten, lohnt es sicherlich auch heute noch… [weiter lesen!]