Riesling Große Gewächse 2011 nach fast vier Jahren Flaschenreife – Rheingau und Rheinhessen

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Die vier Jahre Flaschenreife sind bald erreicht. Somit war es für uns an der Zeit, den Jahrgang in der Breite erneut zu verkosten. In diesem ersten Teil der Verkostung widmen wir uns den Großen Gewächsen aus dem Rheingau und Rheinhessen. Im zweiten Teil werden wir uns dann durch die Nahe, die Pfalz und dazu noch durch einige Weine von Mosel und Wachau probieren.

Bei den folgenden allgemeinen Aussagen über den Jahrgang muss man sich bewusst sein, dass wir ausschließlich Spitzenweine renommierter Erzeuger verkostet haben. Unsere Einschätzung bezieht sich daher nur auf diese Kategorie. In der Vorbereitung zu dieser Probe verkostete ich bereits einige »kleinere« Rieslinge aus der zweiten und dritten Reihe, die sich teils schon müde und überreif präsentierten. Bei den ganz großen Gewächsen bestätigte sich das zum Glück nicht, im Gegenteil, die Jugend der Weine war meist deutlich spürbar. Die Verkostung erfolgte diesmal ausnahmsweise mal offen – einfach aufgrund der großen Anzahl der Weine. Die Flaschen lagerten seit Release in einem klimatisierten Keller bei 12 Grad und bekamen vor dem Probieren in etwa eine Stunde Luft.

Um es vorwegzunehmen, Rheingau und Rheinhessen präsentierten sich schlichtweg hervorragend. Die Weine sind zwar noch sehr jugendlich, aber mit etwas Zeit im Glas und bei nicht zu kühler Trinktemperatur befinden sich etliche Weine in ihrer ersten Genussphase und bringen eine ausgeprägte Spannung und dominante Primärfruchtigkeit zum Ausdruck. Die Säure ist für diesen Jahrgang erfreulicherweise erstaunlich präsent. Nur bei ganz wenigen Weinen scheint uns das Süße-Säure-Spiel nicht ganz so ausgewogen. Ja, es gibt auch Weine mit spürbarer Botrytis, und manchmal schienen uns die Trauben zum Zeitpunkt der Lese schon weit entwickelt gewesen zu sein, aber von einer generellen Überreife oder gar Ermüdung kann keine Rede sein. Im Gegenteil, in der Spitze zeigten die Riesling wahre Klasse. Das galt für Weine vom Schieferboden genauso wie von Lehm, Ton oder Kalkstein. Besondere Vorteile einzelner Lage in dem Jahrgang konnten wir nicht ausmachen. Wie so oft schien es mehr am Geschick und Glück der menschlichen Hand zu liegen, ob der Wein gelingt oder nicht.

Bei einigen Weinen können wir empfehlen, schon jetzt eine Flasche zu probieren. Mit etwas Luft können sie eine wahre Freude sein, vorausgesetzt man schätzt einen noch jugendlichen Riesling-Stil.

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Weingut Prinz Riesling Hallgarten Jungfer, 2011

Reife gelbe Früchte, Ansätze von Honig, Himbeeren, viel Würze. Im Antrunk deutliche Restsüße, eine saftige Frucht, auch hier wirken die Früchte weit gereift, im Verlauf baut sich eine gute Spannung auf, der Wein ist harmonisch, die Säure überraschend agil, eine deutliche mineralische Ader, die bis zum hinteren Verlauf durchhält. Besonders gut gefällt uns der sehr lange und spannungsreiche Abgang. Hier gibt es keinen Grund zu warten, der Wein ist herrlich geöffnet, man sollte ihn in den nächsten Jahren trinken, solange diese Spannung noch da ist. Die hochreifen Fruchtaromen und die Süße im Antrunk beeindruckten uns etwas weniger. (90 Punkte, jetzt bis 2018)

Weingut Wegeler Riesling Rüdesheimer Berg Schlossberg, 2011

Grüne und rote Äpfel, saubere Aromatik, eine feine Mineralität, die auch an den Folgetagen noch weiter zunimmt, mit schöner Intensität, aber dabei stets fein. Am Gaumen von hinreichender Dichte, sehr frischer Antrunk, bereits hier mit mineralischem Ausdruck, die Mineralität legt sich über die jugendlichen Kernfrüchte, dazu kommen frisch aufgeschnittene Kräuter, nussige vegetabile Noten von Aloe Vera, richtig trockener Stil, ganz leicht parfümiert, noch reduktive Fruchtnoten, schöner Verlauf, reife und stimmige Säure. Der Wein macht richtig Spaß, der Nachhall ist spannungsgeladen. Ein ausgezeichneter Schlossberg, der sich schon heute herrlich trinken lässt, am dritten Tag war er am besten. (92 Punkte, jetzt bis 2026)

Weingut August Kesseler Riesling Rüdesheimer Berg Schlossberg, 2011

Eine zuerst verschlossene Nase, die sich binnen weniger Minuten stark verändert, dabei ein sehr eigenwilliges, jedoch stimmiges Bukett, weniger auf Fruchtigkeit ausgerichtet, vielmehr kommt der Schieferboden stark zum Ausdruck. Röstige Mineralität, dazu viel Steinwürze, Rauch, ein Hauch kalter Kaffee, Schalen von Kernfrüchten, das ist komplex, druckvoll, großartig. Im Mund haftet sich der Wein am Gaumen fest, er wirkt sehr nachhaltig, extraktvoll; eine sehr saubere, jedoch eigenwillige Aromatik, sehr langer und komplexer Nachhall, Boskop-Äpfel, herbe Kräuter, die dropsige dunkle Beerenfrucht verrät seine Jugend und Verschlossenheit. Das zeigt der Wein auch an den Folgetagen. Er hält bis zum sechsten Tag durch, wird dabei immer ruhiger, entspannter, schmelziger, ohne an Mineralität zu verlieren. Die Frucht wagt sich mit tropischen Noten leicht hervor. Großer Stoff! Jetzt ein Riesling für Freaks, am besten noch einige Jahre liegen lassen. (92-94+ Punkte, 2021 bis 2032)

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Als nächstes kommt der Breuer-Flight an die Reihe. Wie üblich unterliegen die Rieslinge in den ersten Jahren erheblichen Schwankungen. Ich weiß noch gut, wie begeistert wir von den Fassproben waren, die uns das Weingut freundlicherweise zur Verfügung stellten. Gerade der Nonnenberg und der Schlossberg zogen uns in ihren Bann und ließen an großen Riesling denken. Diesen Eindruck konnten sie, wie auch bereits vor wenigen Wochen auf einer anderen großen Breuer-Verkostung, heute leider nicht wiederholen. Bei Breuer muss man natürlich mit Prognosen vorsichtig sein, denn die Weine sind für eine lange, ja sehr lange Reifeentwicklung ausgelegt, aber ich will meine Enttäuschung nicht ganz verhehlen. Beim Schlossberg fehlte uns schlichtweg die Säure und beim Nonnenberg die aromatische Tiefe. Auf jeden Fall sollten die Rieslinge derzeit nicht aufgezogen werden.

Georg Breuer Riesling Rüdesheimer Berg Schlossberg, 2011

In der Nase zurückhaltende, aber feine, blitzsaubere, rote Beerenfrüchte, auch rotwangige Äpfel. Am Gaumen eher mittlere Dichte, deutliche Restsüße, saubere Stein- und Kernfrüchte, eine überaus milde Säure, dadurch läuft der Wein sehr ruhig und charmant über den Gaumen. Die Mineralität ist steinig, würzig, ganz typisch für den Schlossberg, der Wein hat eine gute Länge und ist jetzt angenehm zu trinken. Für säurescheue Rieslingfreunde ein Genuss, uns fehlt es hinten heraus an Spannung, die Säure ist viel zu mild. Das ändert sich auch an den Folgetagen nicht, der Wein vermag nichts aufzubauen, hat vielleicht auch bereits begonnen, sich zu verschließen. Der Wein bleibt uns in seinem aktuellen Zustand ein Rätsel. Ich persönlich werde ihn noch zwei bis drei Jahre liegen lassen, bis ich erneut versuchen werde, es zu lösen. (89+ Punkte, 2018 bis 2025)

Georg Breuer Riesling Rauenthal Nonnenberg, 2011

In der Nase weißer Rauch, gelbe Früchte, ein stoffiger Eindruck, erdwürzige Mineralität, auch Wachs. Am Gaumen dann ganz anders, sehr fein, beweglich, ein herrlich animierender Verlauf, die Säure ragt heraus, die Frucht ist zur Zeit verschlossen und kommt nicht gegen die Säure an, mittlere Tiefe, deutlicher Restzucker, Thorsten spricht von einem feinherb anmutenden Wein mit einem paradetypischen Süße-Säure-Spiel. In den nächsten Tagen verpuppt er sich dann mit einer sehr dominanten herben Zitrusfrucht. Das macht ihn dann insgesamt eher anstrengend, ganz so, wie es sich für einen jungen Breuer gehört. Dieser Nonnenberg muss noch zwingend reifen. Sehr schön bereits heute, aber trotzdem noch unbedingt fünf Jahre liegen lassen. (89+ Punkte, 2021 bis 2030)

Georg Breuer Riesling Rüdesheimer Berg Rottland, 2011

Noch etwas verhaltenes Bukett, sehr sauber, klassische Steinfrucht, Zitrusschalen, dropsige Jungweinaromen, etwas gelbe Früchte, deutliche Würze, Gelbwurz, Handcreme, steinwürzige Mineralität. An den Folgetagen entwickelt er immer mehr Tabakduft und mineralische Tiefe. Am Gaumen ist der Wein eher fein als dicht, ein sehr typischer Breuer, kratzig, viel Zitrusaromen, verschlossen, kantig, unnahbar, schlank, phenolisch, trotzdem guter Trinkfluss, junge, noch künstlich wirkende Frucht. Hinten heraus baut der Wein zur Zeit keine Dichte auf und bleibt heute nur mittellang am Gaumen. Dies ist aber ganz sicher seiner Jugend geschuldet, die Entwicklung bleibt abzuwarten. (88-90+ Punkte, 2019 bis 2030)

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Weingut Peter-Jakob Kühn Riesling Oestrich Doosberg, 2011

Schon die Nase ist so typisch Kühn. Waldmeister, frisches Heu, Ginger Ale, Tabak, sehr eigenständig und trotzdem harmonisch, tief, komplex, großartig. Am Gaumen mittlere Dichte, ungemein spannungsgeladen und fein, aromatischer, straffer, stimmiger Verlauf, dazu Kräuter, Kräuter, Kräuter, röstige Anklänge, rotwangiger Apfel, eine markante, reife Säure, ungemeiner Zug, mundwässernd, ein Musterbeispiel für einen komplexen Rieslingtypus, der sich jeder Fruchtschmeichelei entsagt hat, dazu kommt ein sehr langer und auch hier komplexer Nachhall. Ausgezeichnet, dies könnte mit zunehmender Reife ein ganz großer Riesling werden. Wer einen größeren Bestand, heute unbedingt einmal probieren. (94+ Punkte, jetzt trinken bis 2030)

Weingut Peter-Jakob Kühn Riesling Mittelheim Sankt Nikolaus, 2011

In der Nase gekochte oder eingelegte Erdbeeren, erdwürzige Mineralität, etwas Wachs, zur Zeit sehr verschlossen. Am Gaumen stehen die Komponenten noch deutlich nebeneinander, der Nikolaus wirkt wie üblich kraftvoller als der Doosberg, bietet jedoch ein feines und fast tänzelndes Säurespiel, das sehr gut in das Extrakt eingebunden ist, cremige Textur im Mund, erneut feine Wachsaromen, hinten heraus wird der Wein fast wuchtig. Mit mehr Zeit im Glas nimmt der Wein ein positive Entwicklung. jetzt entfaltet sich die dicht gewirkte Aromatik aus kalter Cola und Kräuterwürze. Ein ausgezeichneter Wein, trotzdem, im Jahrgang 2011 sehen wir den Doosberg mit seiner Feinheit deutlich über den Sankt Nikolaus – zumindest im jetzigen Stadium. (91-92+ Punkte, 2021 bis 2030)

Weingut Künstler Riesling Hochheim Hölle, 2011

In der Nase hochreife gelbe Früchte, Papaya, weißes Nougat, Zitronat, Babyspeck. Am Gaumen eine Wucht von Riesling, sehr konzentriert, ganz viel Extrakt, macht aber trotzdem Lust auf den zweiten Schluck, tropische Frucht, Papaya, Ananas, perfektes Säurespiel, ansprechend in die Frucht eingewoben, cremige Textur, hält die Spannung durch bis zum Ende, trotz seiner Wucht ein schöner spannender Verlauf, am Ende mit einem sehr langen und tiefen Nachhall. Schon heute ist der Wein sehr stimmig und animierend zu trinken. Und das bleibt auch so an den Folgetagen, an denen sich der Wein etwas beruhigt, jedoch Aromatik und Mineralität ihr schönes Spiel behalten. Eine im besten Sinne typische Hölle mit wunderbarer Frische. (92-93+ Punkte, jetzt trinken bis 2028)

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Weingut Keller Riesling Westhofen Kirchspiel, 2011

In der Nase voller Agilität, ein Korb an Limetten und anderen Zitrusfrüchte, auch kandierte Blutorangen, natürlich null Botrytis und glockenklar. Auch am Gaumen blitzsauber, unnahbar, viel Tabak, ungemein mineralischer Säurezug, dienende Restsüße, glockenklar, noch ein Baby, sehr langer Nachhall, athletischer Weinstil. Nach drei Tagen lässt der Wein immer mehr in sich hineinblicken, er wird deutlich zugänglicher mit mineralischer Nase und kaltem Rauch, im Mund Cassis, herb im Abgang. Seine Harmonie aus jugendlichen Apfel- und Zitrusfrüchten und dazu ein festes, steinwürzigen mineralisches Fundament ziehen uns in seinen Bann. Schon jetzt einen Versuch wert, wenngleich er natürlich noch unfertig ist. (92-93+ Punkte, 2020 bis 2031)

Weingut Wittmann Riesling Westhofen Kirchspiel, 2011

Gelber Apfel, Mirabelle, gelbe Pflaumen, deutlich generöser als das Kirchspiel von Keller, dabei sehr nuanciert, fein, raffiniert, kreidige Anklänge, wirkt insgesamt geöffneter, in der Nase auch Chili, rote Würze, geht ins Asiatische, ein komplexes, tolles Bukett, das viel anzeigt. Am Gaumen dicht, Nougat, helle Schoko, gelbe Früchte, wirkt etwas süß, ein herrlich generöser Rieslingstil, der aromatisch sehr beweglich, erdwürzige Mineralität, angetrocknetes Obst, viel Würze, die Säure hat Zug, ist vom Extrakt gepuffert, der Alkohol wärmt einen Hauch nach. Das ist alles wunderbar, an Komplexität zeigt der Wein aber etwas weniger als die anderen Spitzen an diesem Abend, doch da kann noch viel kommen. Jetzt sehr schön zu genießen, wer einen größeren Bestand hat unbedingt öffnen und genießen. (91+ Punkte, jetzt bis 2026)

Weingut Keller Riesling Westhofen Abtserde, 2011

In der Nase dunkle Schokolade, Orangenzesten, herbe Kräuter, dreckige Mineralität, sehr komplex und trotzdem noch komplett verschlossen. Am Gaumen von mittlerer Dichte, ein konsequent straffer Verlauf, komplexes Säurespiel, glockenklare Frucht, ungemein feinsinnig, die Fruchtaromen erinnern uns an Orangen und rosa Grapefruit, dazu phenolische Noten, jugendlich ungestüm, überall liegen Salzkristalle herum, kaum beißt man darauf, tritt auch die dienende Fruchtsüße auf, ungemein langer Nachhall, einer sagt »und deswegen trinken wir Wein«. Großer Stoff mit großer Zukunft. Auch an den Folgetagen zeigt der Wein das auf beeindruckende Weise. Säure und Mineralität bleiben noch viele Tage unter Spannung. Die Frucht zieht sich zurück, und so bleibt nur noch der feuchte Stein. Welch lebendiger Wein. Faszinierend. (95+ Punkte, jetzt bis 2035)

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Weingut Keller Riesling Dalsheim Hubacker, 2011

Und weiter geht’s im Keller-Konzert. Wieder diese dunkle Mineralität, Tabak, erdige Noten, Rauch, kalter Kaffee, süßliche Anmutung, alles sehr typisch für den Hubacker. Im Antrunk von betont mittlerer Dichte, etwas offener als das Kirchspiel, aber unruhig mit viel Rauch, Tabak und Kaffeenoten. Am Gaumen geht das so weiter, ein Spiel von herben und dunklen Aromen, dabei wie als Gegensatz eine frische Fruchtigkeit, die auch eine süßliche Ausrichtung zeigt, orientalische Würznote, grandiose Mischung aus der ausladenden Aromatik eines arabischen Würzgartens, Rauch und Tabak, dann packt er aber wieder die Säure und die salzige Mineralität aus, die dem Wein viel Zug verleiht. Schon jetzt ein herrlicher Genuss über viele Tage hinweg. (93-94+ Punkte, jetzt bis 2030)

Weingut Keller Riesling Westhofen Morstein, 2011

Schon in der Nase unnahbar, erdige Mineralität, nachgelagert eine scheue, aber feine Frucht, die an Kiwi und Limette erinnert. Auch im Antrunk ein Monolith, vollkommen klar, ungeheuer fest und verschlossen, seine Wucht wird wie von einer Eisenfaust zusammengehalten, nur eine Ahnung von Zitrusfrüchten und jugendlichen Kernfrüchten, umwoben von dieser röstig-erdwürzigen und dreckigen Mineralität, Spannung pur, extrem präsente, fast scharfkantige Mineralität, der Verlauf tut fast weh, gänzlich kompromisslos, nur ein Hauch dienende Restsüße, sehr langer und spannungsgeladener Riesling. Gewinnt mit Luft stark dazu und wird auch aromatisch ausdrucksstärker. Elegant, dicht, vibrierend, dies könnte ein großer Wein werden. (94+ Punkte, 2021 bis 2035)

Weingut Wittmann Riesling Westhofen Morstein, 2011

Und auch hier ist der Unterschied unter Nachbarn enorm. In der Nase duftiger Pfeifentabak, sonst auch hier recht verhalten, im Antrunk sehr klar, kaum Frucht, verschlossen, verwaschene süßliche Noten, Mäusespeck, heute zeigt er eine leicht künstliche Aromatik, was sich aber noch sehr gut legen kann. Am Gaumen ist der Wein dicht, Trockenblumen, er wirkt etwas schwerfällig, der präsente Alkohol unterstützt die Kräftigkeit des Lagenausdrucks, dreckige Aromatik, sehr langer Nachhall. Ein schöner Wein, auch verschlossen, aber generöser, charmanter, vermittelnder und bereits jetzt zugänglicher. Mehr Spiel, aber eben nicht so ungeheuer komplex. (92 Punkte, 2021 bis 2030)

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Weingut Wittmann Riesling Alte Reben »La Borne«, 2011

Ein leises, aber zugleich auch tiefes Bukett, sehr nobler, feinsinniger Duft, vollständig mineralisch geprägt, ein langer kühler Zug, räumt die Nase frei. Im Antrunk dann perfekte Harmonie, im Antrunk Limette, Waldmeister, viel aromatische Kräuter, salzige Mandeln. Am Gaumen eng gefasst und trotzdem komplett und komplex, feinstes Säurespiel, viel Tabak, eine gewisse Röstwürze, feiner Schmelz, wird von der Säure total gepuffert, ganz tolles Schmelz-Säure-Spiel, keine Süße, großer Riesling par excellence, im weiteren Verlauf bekommt er immer mehr Tiefe und Nachhaltigkeit. An den Folgetagen macht er dann zu und verschließt sich völlig. Wir sind uns einig, hier einen ganz großen Riesling vor uns haben, der noch viele Jahre braucht. (96+ Punkte, 2021 bis 2035)

Weingut Keller Riesling Nierstein Pettenthal, 2011

In der Nase reife gelbe Früchte, spürbar generöser als die anderen Keller-Rieslinge, an Aromen vor allem Aprikose, Rauch. Auch am Gaumen deutlich fruchtiger und weniger mineralisch, ein Bilderbuch-Riesling von Keller mit einem deutlichen Süße-Säure-Spiel und guter Zugänglichkeit sowie prägnanter, jedoch feiner Säure. Sehr deutlich als Riesling vom Rotliegenden zu erkennen, trotzdem hat der Wein nichts Ausuferndes, dafür aber einen sehr langen und aromatischen Nachhall. Leider gibt es diesen Wein nur noch in der Keller-Kiste, und weil sich darin nur eine Flasche vom Pettenthal befindet, empfehlen wir, ihn mindestens noch weitere fünf Jahre reifen zu lassen. Auch wenn er schon heute für einigen Genuss sorgt. (93+ Punkte, 2021 bis 2035)

Weingut Kühling-Gillot Riesling Nierstein Pettenthal, 2011

Erstaunlich feines Bukett für einen normalerweise mit Früchten um sich werfenden Pettenthal, reife gelbe Früchte, Dosenananas, Schokolade, aber alles dezent, dazu eine Hauch frisch geschnittene Almwiese, viele Blüten, ein Hauch Taicurry, viel Würze. Am Gaumen ist der Wein dann ganz er selbst, cremig, wuchtig, dabei aber trotzdem gewogen und eben kein pures Kraftpaket, viel Dichte, viel gelbe Früchte, Süße, daneben aber auch salzige Anklänge, zudem eine gute, wenn auch zur Zeit wenig aufregende Länge. Auch dieser Wein muss reifen, um sich aromatisch aufzufächern, er hat gute Anlagen dafür. (90-91+ Punkte, 2021 bis 2030)

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Weingut Wagner-Stempel Riesling Siefersheim Heerkretz, 2011

In der Nase viel Kräuter, kalte Cola, sehr jugendlich, Cassis, aromatisch, etwas Jod, das ist eigenwillig, aber sehr ansprechend. Am Gaumen dicht, auch hier eine eigenständige Aromatik mit Noten von Jod und anderen medizinalen Essenzen, dazu Säure, Süße, Säure und Süße, sehr beeindruckend, freakig, Steinsalz, die Süße wird gepuffert, rote Johannisbeeren, Mineralität, Rauch, Röstaromen. Unruhig, aber ungemein facettenreich. Schwierig in der Entwicklung einzuschätzen, so haben wir den Heerkretz noch nicht verkostet. Das gefällt uns richtig gut, wir würden die nächste Flasche aber erst ab 2019 aufziehen. (90-92+ Punkte, 2019 bis 2026)

Weingut Wagner-Stempel Siefersheim Höllberg, 2011

Ein feiner, ganz klassischer Rieslingduft mit Apfel- und Steinfrucht, Butterkeks, Rauch, süßlichem Tabak. Am Gaumen ist der Wein dann erstaunlich rassig, gute und feste Säurestruktur, dazu bereits viel Reife, Butterkeks, recht süß und ausladend. Die Säure hält den Wein in Form, manche finden sie zu vordergründig, langer Nachhall. Wir sind uns nicht ganz einig, wo die Reise hingeht, die feste Frucht weist aber darauf hin, dass die Reifetöne zur Zeit vielleicht auch täuschen und der Wein doch sein Potenzial hat. Es heißt abwarten, nachprobieren und hoffentlich nicht Tee trinken müssen. (90-91+ Punkte, 2021 bis 2032)

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