Gereifte Australische Rotweine von 1981 bis 2002

Anfang März ging es mit ganz viel Vorfreude nach Dormagen. Bernd lud zu gereiften Australischen Rotweinen ein. Über viele Jahre sammelte er die Weine sehr gezielt und so hatten wir die wirklich einmalige Gelegenheit eine große Bandbreite an gereiften, bekannten Weinen binnen eines Abends zu verkosten. Gerade bei Erzeugnissen aus der neuen Weinwelt ist es mitunter problematisch an ältere Jahrgänge zu gelangen, einfach weil die meisten Flaschen entweder all zu früh aufgezogen werden, oder auf Nimmerwiedersehen in den Kellern der Fans verschwinden. Nach der Probe verstand ich ziemlich genau warum, denn nur die wenigsten von ihnen hätte ich selbst weiterverkauft. Dafür war das Niveau insgesamt einfach zu gut. Ehrlich gesagt war ich regelrecht begeistert von der Tiefe, der Struktur, der Eleganz der Weine. Mist, alle meine Vorurteile gegenüber dem „Neuen-Welt“-Wein musste ich spätestens nach diesem Abend mal ganz entspannt über Bord werfen. Ich tat es gerne, den selten hatte ich an einem Abend derart viele klasse Weine im Glas. Bereits der erste Weine hat mich vollends überzeugt:

1 Torbreck Barossa Valley The Steading, 1999
Kühles, filigran gezeichnetes Bukett, etwas altholzige Würze, Graphit, Blaubeeren und Kirschkonfit. Im Antrunk ungemein saftig, schlanke jugendliche Früchte nach Blaubeeren und Krischen, sehr animierend, etwas irritierend, aber nach der Nase wenig überraschend ein würziger Geschmack nach Unterholz, die dezenten Stallnoten gefallen nicht jedermann, dahinter verleihen ätherische Noten dem Wein Frische und Charakter, mittlere Länge. Der Wein ist nicht groß, hat aber einen eigenen Stil. Davon hätte ich gerne mehr im Keller.
88 Punkte, 35 Euro


2 Kilikanon Oracle Shiraz, 1999
Viel opulentere Nase mit einer edleren, aber kräftigen Holznote nach Süßholz, die rotbeerigen Früchte schaffen es soeben dagegen anzukommen, ein wenig laktische Anklänge. Am Gaumen sehr konzentriert, saftige Frucht nach reifen Kirschen, etwas süßliches, aber gut integriertes Holz, deutlicher Vanillegeschmack, hat Zug am Gaumen und bleibt dort auch ungemein lange haften. Ein wirklich gut gemachter Wein, der meiner Vorstellung von neuer Welt viel mehr entspricht. Ich würde den Ersten vorziehen, aber die Qualität ist vergleichbar.
88 Punkte, 50 Euro


3 Greenock Creek Apricot Block Shiraz Barossa Valley, 1998
Sofort fällt der Duft nach Waldboden und Unterholz auf, überraschen gleichberechtigt daneben durchaus feine Röstaromen und eine glockenklare Kirscharomatik. Auch wenn es komisch klingt, die Nase ist irgendwie witzig, weil die saubere Frucht mit den moderigen Unterholz ein Gegensatz ist, der hier amüsiert. Im Mund legt der Wein weiter zu, denn er ist frischer als die Nase vermuten lässt. Das Holz weiterhin kraftvoll, aber gekonnt eingebunden, die morbiden Noten finden sich hier nicht mehr und ganze Bäche von Kirschsaft betören die Sinne. Ausgezeichneter Stoff einfach weil alle Bestandteile bis zu dem langen Abgang in großer Harmonie zu einander stehen.
90 Punkte, 50 Euro


4 Henscke Mount Edelstone Shiraz Vineyard Keyneton, 1996
Große Nase nach ätherischen Noten wie Minze und ein Hauch Eukalyptus, eingebettet in zart-schmelzige Bitterschokolade, Kirschmarmelade, und Lakritz. Eine Nase zum Träumen. Auch im Mund ein Wein der in vollkommener Balance ist und einfach in sich ruht. Frucht, Holz halten sich perfekt die Balance, dahinter kommen florale Noten nach Veilchen auf und ein zarter Graphitton verleihen ihm eine weitere Ebene. Sicherlich ist die Frucht sehr saftig, ja hat gar Süße und gibt sich so als neue Welt-Wein zu erkennen. Aber so what, das ist großer Stoff, der einen langen, aber leider nicht sonderlich aufregenden Nachhall hat; was mich schlussendlich dann doch davon abhält hier die Note groß zu vergeben.
94 Punkte, 70 Euro, die jeden Cent wert waren


5 JJ Hahn 1914 Block Shiraz Barossa Valley, 1998
Deutliche Klebstoffnase mit Schwarzkirschen, Mokka, Trockenkräuter, sehr dicht und kräftig. Etwas gewöhnungsbedürftig. Kräftiger Körper, saftiger, fruchtbetonter Antrunk. Interessantes Früchtebukett nach Holunder- und Blaubeeren, gut integriertes, aber nicht sonderlich nobles Holz, eher auf der rustikalen Seite, der Wein wirkt im Verlauf noch von einer jugendliche Unruhe, er poltert ein wenig, um dann im Abgang zu schnell auszublenden. Scheint mir gerade nicht in der besten Phase
87 + Punkte, 75 Euro


6 Clarendon Hills Astralis, 1996
Wunderbar gereifte Nase mit Tiefe, Harmonie und Vitalität. Neben zarten Anklängen von Blaubeeren und Wacholder, fasziniert mich die Nase vornehmlich aufgrund seiner vielfältigen Aromen von Graphit, Veilchen, Zedern und Pfeffernoten. Im Mund dominiert im saftig, ausladenden Antrunk frische Sauerkirschen, Cassis und Waldbeeren. Trotz seiner Kraft zeigt er filigrane und vielschichtige mineralische Noten nach Graphit und Schiefer. Sehr nobles und zurückgenommene Holznoten nach Mokka, Süßholz und Zedern. Vitales Säuregerüst und noch etwas trocknende Tannine im langen Nachhall. Hat viel Potential.
95 + Punkte, 150 Euro


7 Penfolds BIN 389 Cabernet Shiraz, 1984
Schon etwas verwelkte Nase nach Liebstöckel, Krokant, Rosinen, Blüten und Schokolade. Auch im Mund ist der Wein deutlich über seinen Höhepunkt hinweg, verwelkte Blüten und Rosinen im Antrunk. Zwar erkennt man die Qualität des Weines, so ist die Säurestruktur noch intakt und auch der Holzeinsatz scheint gelungen, aber in dem Zustand ist er kein besonderes Vergnügen mehr. Im mittellangen Nachhall blitzt noch etwas Frische auf und so kann ich mein Glas doch noch mit einigem Genuss trinken.
noch 85 Punkte, Preis unbekannt


8 Penfold Grange Bin 95, 1981
Ungemein jugendliche, hoch elegante und noble Nase mit wunderbaren Fassaromen, vielfältigen Kräutern- und Gewürzen und jeder Menge dunkler Waldfrüchte. Erhält durch eine deutliche Note nach Krausminze eine feine Frische, die sich auch im Mund konsequent fortsetzt. Kompakter reintöniger Antrunk mit dunklen Früchten wie Pflaumen, Kirschen und Waldbeeren, reintönig ätherische Noten mit mineralischen Anklängen. Unglaublich diese Frische, Klarheit und Vitalität. Der Wein hat noch Potential vor sich. Das Holz gibt dem Wein Struktur und die Säure tänzelt auf der Zunge. Großer Wein mit wunderbar langem Nachhall.
95 Punkte, heute nicht unter 250 Euro


9 James Irvine Grand Merlot, 1997
Eigentlich eine vielschichtige fruchtbetonte Nase mit viel Röstaromen vom Fassausbau. Mich stört seine unangenehme Maggi-Note im Hintergrund. Im Mund besser, aber etwas für Holzfreunde. Fast dekadent süßer Antrunk von reifen Pflaumen gemischt mit süßem Pfeiffentabak und Lakritz. Das ist sehr gefällig und macht auch für ein Glas viel Spaß, besitzt aber keine sonderliche Tiefe. Guter Verlauf, mittellanger Nachhall.
87 Punkte, 50 Euro


10 Seppelt Drumborg Cabernet Sauvignon, 1984
Ein Duft nach einer ganzen Kiste grüner Paprika, frisch aufgeschnitten. Insgesamt schlank und drahtig, Anklänge von Sauerkirschen, hat eine gewisse Finesse. Schlanker, leicht säuerlich-wässriger Antrunk, dahinter Eleganz zu erkennen. Trotzdem hat der Weine leider seine besten Zeiten hinter sich, die Säure tritt hervor, die Frucht ausgezehrt und hinten bricht er schnell ab.
80 Punkte, 40 Euro


11 Leeuwin Estate Margaret River Cabernet Sauvignon, 1995
Dichte, fast ausladende Nase nach schokoglacierten Früchte, feiner Holzduft und eine Ahnung von Mineralik. Macht spontan Spaß. Im Mund überraschend viel grüne Paprika im Antrunk, wirkt etwas speerig und spröde, gar grüne Tannine treten hervor, immerhin daneben versöhnliche Früchte ala Kirschen und Brombeeren, trocknet hinten deutlich aus. Fällt etwas ab.
86 Punkte, 50 Euro


12 John Riddoch Coonawarra Cabernet Sauvignon, 1993
Klare, dichte und fruchtbetonte Nase mit bestens integriertem Holz. Ein wenig einfach gestrickt, aber ungemein animierend. Im Mund setzt sich der Eindruck konsequent fort. Der Antrunk saftig, fruchtbetont und reintönig. Cassis, Kirschen und Brombeeren in Reinform. Die Säure kräftig, aber bestens eingebunden, ebenso die Röstaromen nach Rauch und Karamell. Hinten leicht trocknend, gute Länge. Ein Spaßmacher auf tollem Niveau, ohne besondere Komplexität.
90 Punkte, 25 Euro, heute eher 70 Euro


13 Classic McLaren Cabernet Sauvignon La Testa, 1999
Noble, ausladende, etwas hedonistische Nase nach Cassis, Blau- und Brombeeren, süßem Lakritz und Nougat. Da wurden eine Menge neue Barrique-Fässer verwendet. Im Mund überzeugt der Wein vollends. Zu Beginn mit seiner großartigen Saftigkeit und glockenklaren Fruchtgeschmack nach Cassis, Kirschen und Brombeeren. Ungemein vielschichtiges und nobles Holz nach Lakritz, Mokka, orientalischen Gewürzen und Karamell. Nahezu perfekt balancierter Verlauf, vielleicht noch etwas jung und ungestüm, aber mit enorm viel Trinkspaß. Für einen großen Wein fehlt es ein wenig an Tiefe, was besonders im langen, unkomplizierten Nachhall auffällt.
93 Punkte 30 Euro


14 Penfolds Cabernet Sauvignon Bin 707, 1991
Grandios von feinem Pfeiffentabak geprägte Nase mit dezenten rotbeerigen Früchten. Im Hintergrund mineralische Anklänge. Sehr klar, ernsthaft und fein gezeichnet. Ein Charakterkopf der auch mit großen BDX-Weinen mithalten kann. Im Mund ein Wein von mittlerem Körper und von faszinierender Harmonie und Eleganz. Feiner, erfrischender Säurebogen, für einen Rotwein ungemein vielschichtige Mineralik und Essenzen von Kirsche, Cassis und Blaubeeren. Das Holz zeigt sich erneut anhand eleganten Tabak- und Zedernnoten. Zelebriert über den gesamten Verlauf mustergültig die Finesse der Cabernet Sauvignon-Traube. Ganz großes Kino. Der mittellange Nachhall verhindert eine noch höhere Bewertung. Trotzdem, eindrucksvoll der beste Wein des Abends.
96 Punkte, 50 Euro, heute eher um die 250 Euro


15 Noon Cabernet Sauvignon Reserve, 2002
Leichter Lackton, Eukalytus, Teer, Blau- und Brombeeren, alles etwas marmeladig, erkennbar „Neue Welt“-Stilistik. Heftig konzentrierter Antrunk, anschließend zeigt sich aber auch viel Frische, konzentrierte, etwas getrocknete Früchte und Waldbeeren. Erinnert mich an die extrem gemachten Garagenweine, die teilweise zu sehr auf Konzentration und Holz setzen. Trotzdem bleibt der Wein erstaunlich gut in der Spur und bietet auch eine gewisse Komplexität. Das Holz ist prägnant aber bestens eingebunden, der Alkohol wärmt ein wenig. Gute Länge mit Spiel und vor allem Druck. Trotzdem lecker.
91 Punkte, 50 Euro

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