Terrassen-Zeit? Riesling-Zeit!

Weine zum Skat (1 von 1)Wie schön, der April zeigte sich von seiner schönsten Seite und so verlegten wir unseren Skatabend spontan auf meine Terrasse und genossen bei milden Temparaturen diverse Rieslinge, die in mir große Vorfreude auf den bevorstehenden Frühling und Sommer entfachten.

Es ging los mit einem erstaunlich fein-balancierten Tonschiefer von Dönnhoff aus dem Jahr 2009. Riesling von der Nahe hatten wir schnell erraten, aber einen derartig guten Tonschiefer hatten wir noch nie. Ein eleganter Riesling von großer Harmonie, die ausdruckstarke Mineralität spielt animierend mit den saftigen Steinfrüchten, sehr beweglicher Fluß, trinkt sich herrlich unangestrengt und zeigt dabei schönes Spiel, ohne jede Reifenoten, jetzt auf seinem Höhepunkt (88/100). Viel Wein für wenig Geld. Weiter ging es mit einem ausgezeichneten 2008er Scharzhofberger Pergentsknopp (P.) von Van Volxem. Aufgrund seiner ausgeprägen Schieferaromatik sofort als Saarwein zu erkennen, überzeugte er uns mit seinen rauchigen Noten, einer feinen Cremigkeit, der typisch subtilen Saarsäure und glockenklarer, saftiger Frucht, ein Wein mit Tiefe und Eleganz, ohne jede Breite und Schwülstigkeit, die Lage wurde ihrem Ruf für feine Rieslinge erneut gerecht. Der hohe Preis ist gerechtfertigt und mit (92/100) noch eher konservativ benotet. Jetzt herrlich gereift und zeugt erneut von dem Potential des Jahrganges. Anschließend machten wir mit dem 1989er-Chasse Spleen einen kurzen Abstecher ins Bordeaux. Der Moulis präsentierte sich noch schön zu trinken, aber auch am Ende seiner Entwicklungszeit. In der Nase sofort als gereifter, cabernet-dominierter Bordeaux zu erkennen, mit einem Bukett von Eisen, grünen Paprika, schon in den Hintergrund gerückte Cassisanklänge, getrocknete Kräuter und Laub. Am Gaumen ein schlanker Vertreter, der mit einer zarten süßen und klaren Cassisfrucht den Charme des Jahrganges andeutet, deutliche Reifenoten, Waldboden, Eisen und Laub und etwas Paprika; ist insgesamt noch intakt, aber seiner Karkheit kam nicht bei jederman gut an, andere lobten aber seine Balance und den Trinkfluß, insgesamt wie gesagt noch stimmig, sollte aber jetzt auch getrunken werden (86/100).

Zurück zu deutschem Riesling, nun jedoch kamen fruchtsüße Weine auf den Tisch, die wie immer herrlich zu  gereiften Variationen von Ziegenkäse harmonierten. Los ging es mit einer überraschend frischen 2006erSpätlese aus dem Lenchen von Kühn. Über den 2006er-Jahrgang von Kühn haben wir auf diesem Blog schön öfters geschrieben und gerätselt. In diesem Jahrgang wurden hier extreme Weine abgefüllt, die stark polarisieren. Das Lenchen aber war unser aller Liebling. Leicht kräuterwürziger, typischer Rieslingduft, glockenklar und vielschichtig. Am Gaumen herrlich gewogen, feine, aber vitale Säure, saftige Kernfrüchte, ein Hauch Honig, animierender Verlauf, einfach lecker, ohne die jetzt die größte Tiefe zu haben, jetzt auf seinem Höhepunkt (87/100). Anschließen kam mit Dr. Hermann eine traditionelle ausgebaute Auslese aus dem Ürziger Würzgarten „Ursprung“ auf den Tisch. Wie gewohnt bei Dr. Hermann fiel diese Auslese kräftiger aus, zeigte sich jedoch angenehm gereift,  dadurch die Süße nicht aufdringlich, mit saftigen Steinobst und deutlicher Schieferwürze. Eien ideale Auslese zum Käse, als Solist wäre er dann den meisten am Tisch spätenstens beim zweiten Glas vermutlich ein wenig zu süß (87/100). Mit der 2005er-Auslese GK aus dem Niederberg Helden von Schloß Lieser ging es weiter. Trotz des kräftigen Jahrganges gefiel er uns ein Stück besser, weil zwar auch hier die Süße deutlich zum tragen kam, aber die Säure frischer und agiler wirkte, wie gewohnt glockenklare Aromatik, null Botrytis, guter Trinkfluß, deutlicher Nachhall nach Schiefer (89/100). Nach dem die Käseplatte geplündert war und unser Skatspiel in den letzten Zügen lag, kam als Rausschmeißer noch der 2012-Steinberger Kabinett Versteigerung von den Staatsweingütern auf den Tisch. Ein recht süßer Kabinett, der dann doch dank seiner 8,5 % leichtfüßig auf unserem Gaumen spielte und eine sehr lebendiges Säurespiel besaß. Die Aromatik noch sehr jugendlich, noch etwas hefig im Bukett , sehr klare Rieslingaromatik, mineralische Pikanz, zeigt Zug am Gaumen, braucht noch 1-2 Jahre um sein Jugendspeck abzulegen, gutes Potential, mittlere Tiefe und Länge (87/100).

Wie fast immer gefielen mir die Weine deutlich besser als mein Skatblatt, aber das mag vielleicht auch an dem Spieler liegen…

 

Markus Molitor Riesling Alte Reben Saar, 2010

Molitor Saar Alte Reben, 2010 (100 von 1)Die alten Reben von der Saar sind regelmäßig mein favorisierter Wein von Molitor im mittleren Segment. Die Rebstöcke aus dem Herrenberg bringen aufgrund des hohen Skelettanteils einen verhältnismäßig konzentrierten Rieslingstil hervor, beherbergen aber auch die Feinheit der Saar. Die Weine bestechen durch eine botrytisfreie, saubere Fruchtaromatik samt einer feingliedrigen Säure. Der 2010er duftet herrlich frisch nach Zitronen, Grapefruit, jungen Mangos und grünen Äpfeln, steinige Mineralität, also ein wilder Mix, noch sehr jugendlich. Am Gaumen wirkt der Wein noch unentwickelt. Im Antrunk finde ich eine saubere Frucht, erneut Zitrusfrüchte und Apfelaromen, die Säure pikant, noch nicht ganz eingebunden, sie wirkt jedoch reif, nichts für Säureempfindliche, 2010 eben Der Wein läuft packend, bei aller Konzentration beweglich, aber noch unruhig über meinen Gaumen, die Gerbstoffe durch die Mazerationszeit noch spürbar, feine Hefenoten zeugen von einer längeren Lagerung auf der Feinhefe im Holzfass. Der Wein zeigt sehr gute Anlagen und könnte sich weiter positiv entwickeln, wenn sich die Säure noch besser mit den anderen Komponenten vermählt. Im langen Nachhall würzig-kräuterige Note, auch die Mineralität zeigt sich hier am deutlichsten. Nach dieser Erfahrung hätte ich diese – meine letzte – Flasche, erst in drei Jahren aufziehen sollen.

Vom Weingut, ca. 14 Euro, 87+ Punkte (sehr gut), 2018+

Loch Riesling (Weingut Herrenberg) Saartyr, 2010

IMG_0062Während die Lagenweine uns im Frühjahr 2014 noch arg jugendlich und zugeknöpft gegenübertraten, präsentierte sich der Saartyr nun zu Beginn 2015 in Höchstform. Bereits das Bukett lies aufhorchen. Es strömt prägnant aus dem Glas, klare Rieslingfrucht nach Mandarinen, Steinfrüchten und kandierte Zitronen, dazu diese eigentümliche Note von vielen 2010er, klare Botrytis, würzge Note, leicht laktische Anklänge, die an eine BSA erinnern, dazu Röstaromen, insgesamt sehr animierend. Am Gaumen quicklebendige, saftige Früchte im Auftakt, die Säure verbindet sich ohne Spitze mit der Frucht, der Wein wirkt frisch, klar und trinkt sich herrlich animierend, fein-süße Zitrusfrüchte mit herber Würze rinnen lebendig über meinen Gaumen, die Bitternote verbindet sich mit einem Ton von Holzwürze, feuchten Kieselsteinen und leichter Gerbstoffigkeit, es bleibt aber ein klarfruchtiger Riesling mit Saararomatik und einem festen mineralischen Kern, der genau die Konzentration aufweist, um sanften Biss auf den Gaumen zu legen, sich jedoch leichtfüssig genießen lässt, sein Aromenspiel bietet auch noch auf den dritten Blick genug Abwechslung und der Nachhall kann getrost als sehr lange und nuanciert bezeichnet werden. Der Wein ist jetzt auf seinem Höhepunkt, Eile ist aber nicht angesagt.

Vom Weingut, 91 Punkte (ausgezeichnet), jetzt bis 2020

Egon Müller Riesling Spätlese Scharzhofberger, 1995

Egon Müller Spätlese, 1995 (100 von 1)Ich sag es immer wieder, gute Weinfreunde muss man haben. Und so fand sich diese 95er-Spätlese in meinem Glas wieder. Das Etikett und die Kapsel sahen aus als hätte die Flasche schon einige Jahrzehnte auf dem Meeresboden zugebracht, moder pur. Der gammelige Korken bröselte uns entgegen und stank nach hochreinem Weinfehler. Was aber ins Glas kam war klar wie Felsquellwasser, von Reife gezeichnet, aber der Petrolduft war fein und ummantelt von einer so herrlich animierenden Frucht, dass es mir einen Schauer über die Haut jagte, nur ganz am Firnament eine Ahnung von störenden Heizölnoten – daher Abzug in der B-Note. Die Frucht erinnert an Pfirsichschalen und  mürben Äpfeln, auch Anklänge von Schiefer und Kieselsteinen. Am Gaumen von knapp mittlerem Gaumen, trifft exakt die Süße einer Spätlese, sprich sie bleibt jederzeit trinkanimierend, nach all den Jahren hat sich die Süße bestens in die Frucht eingebracht, kommt am Gaumen eher über die Kern- als über die Steinfrucht, die deutlich vernehmbare Petrolnote vermählt sich perfekt mit der Frucht und demonstriert die einmalige Aromatik gereiften Riesling. Lässt sich heute als Apperativ-Wein bestens geniessen, denn im Nachhall dämmert die Süße langsam aus und lässt eine reife Säure und Mineralik zurück. Langer mineralische Nachhall, sehr reif, sehr charmant und vornehm. Der perfekte Wein um entweder eine große Weinprobe zu beginnen oder abzuschliessen. Spätlese at its best, sollte aber in den nächsten 4-5 Jahren auch getrunken werden.

Vom Fachhandel, damals 66 DM, 92 Punkte (ausgezeichnet), jetzt bis 2017

Forstmeister Geltz Zilliken Riesing Kabinett Saarburger Riesling, 2012

Zilliken Saarburger Riesling Kabinett, 2012 (100 von 1)Die 2012er-Kabinette können einfach herrlich sein, so auch dieser einfache Ortswein von Zilliken. Glasklarer Duft nach grünen Äpfeln und jungen Pfirsichen vermält mit feinem Schieferduft und einem Hauch reifen Blutorangen, macht umgehend große Vorfreude auf den ersten Schluck. Am Gaumen wie man sich Kabinett vorstellt, klar, frei von jeder Botryits, dominiert von jugendlicher Frucht, herrlich frisch mit der jahrgangstypischen Säure, also mit einem gewissen Biss, aber sehr weich und fein verwoben mit der saftigen Frucht, die dem Naseneindruck entspricht, perfekt für die warmen Tage auf der Terasses und dieser Ortwein genügt bereits anspruchsvollen Gaumen, die Beschwingheit, die Harmonie von Säure und Frucht hält der Wein mühelos bis zum Ende durch und die mineralischen Noten lassen sofort an die Mosel denken, mittlere Tiefe und Länge mit Anklängen von frisch geschnittem Gras. Die Flasche hielt sich gefühlte 15 Minuten in der Mitte unserer Viererbande, bei 8,5 % Alkohol kein Problem.
Vom Weingut, 12 Euro, 88 Punkte (sehr gut), jetzt bis 2017

Riesling Große Gewächse 2011 – weitere Eindrücke

GG2011Mit einigen Wochen Abstand zur Veröffentlichung der Großen und Ersten Gewächse des Jahres 2011 am 1.9.2012 hatte ich im Zeitraum Ende September bis November 2012 bei VDP-Veranstaltungen und im privaten Umfeld Gelegenheit, einige Weine der Gattung Riesling EG/GG 2011 nachzuprobieren. Gemein war den Probiergelegenheiten, dass ausreichend Wein im Glas war und genug Zeit und Ruhe bestand, um sich diesen Weinen entsprechend zu widmen. Hier folgen nun die Verkostungsnotizen.
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Weingut von Othegraven Riesling Ockfener Bockstein Großes Gewächs, 2009

Blind kam dieser Wein in mein Glas. Ich hatte nicht die Spur einer Idee, was da durch mein Glas schwappte…

Klar, Riesling, das stand dann doch schnell fest. Aber im Übrigen: Blindflug bis hin zum Prädikat. Nun konnte ich weiter recht zügig die Jugend dieses Weines erkennen, nach dem ersten Schluck ging das Urteil auch schnell auf das Jahr 2009. Und dann?

Ich habe gemutmaßt, ich hätte eine Spätlese eines Winzers aus der zweiten/dritten Reihe im Glas. Wenn ich so anfange, braucht es nicht viel, um zu ahnen, dass ich eine Verwunderung, ja eigentlich auch Enttäuschung beim späteren Aufdecken nicht erfolgreich vertuschen konnte…

Eine recht verdeckte Nase, die noch von jugendlichen Noten bestimmt wird. Dunkle Beeren, etwas Zitrus. Wenig Spannung. Wirkt frisch geöffnet und auch mit weiterer Belüftung wenig versammelt, fast schüchtern.

Im Mund von schlanker Statur, zunächst kräftige Mineralität, dann bereits hier zu viel Kraft, man schmeckt den Alkohol schon etwas zu präsent heraus. Leicht süßlicher Körper, dagegen feiner Säurekörper. Hier fehlt dem Wein erkennbar an Tiefe und auch Präzision, jedenfalls für das, was auf dem Etikett steht. Meine Meinung. Im letzten Drittel wieder ein Touch zu viel Kraft, der Eindruck setzt sich auch im knapp mittellangen Nachhall fort. Hier gesellen sich zwar kurz noch dunkle Beeren und zwei Schippen voll Steine hinzu, aber dann: etwas stumpfer Gerbstoff – und weg ist er.

Jugendlichkeit will ich dem Wein gar nicht absprechen, und vielleicht wurde er zur Unzeit geöffnet – aber mir fehlt hier doch das Vertrauen auf eine rosige Zukunft. Aber vielleicht werde ich dem Wein ja noch einmal blind begegnen…

90 Minuten karaffiert, dann über zwei Tage probiert.

Im Fachhandel gekauft, 19 Euro, 83-84 Punkte (gut), ab 2013

Weingut von Othegraven Kanzem Altenberg Erstes Gewächs QbA, 2005

Nach einer langen Rotweinprobe sah ich verzückt was unser Gastgeber zum Abschluss als großes Gewächs auf den Tisch stellte; ein hochgelobtes erstes Gewächs von der Saar. Immer wieder hatte ich von der besonders gelungen 2005er Kollektion dieses Winzers gelesen. Also die Vorfreude und auch das Wohlwollen, eigentlich aller Weinfreunde, war groß, aber irgendwie zündete der Wein bei uns so gar nicht.

Bereits die Nase erzeugte einige skeptische Falten auf der Stirn. Derartig überreife Steinfrüchte drängten sich mit aller Macht aus dem Glas, deutliche Botrytis, Wachsnoten und viel getrocknete Kräuter. Mit der Zeit dann aber durchaus schöne, leicht mürbe Äpfel in gelungenem Spiel mit einer rauchigen Mineralik. Noch ebenso in der Balance und hat ganz klar die Kraft und Substanz eines großen Gewächses, höchstens an Tiefe und Komplexität fehlt es etwas.

Im Mund zeigt der Mund dann aber merkliche Schwächen. Zwar hat er alle Anlagen eines großen Gewächses, aber er wirkt überkonzentriert und die Botryitisnoten nehmen ihm die Eleganz. Sehr saftiger Antrunk von fast öliger Textur, überreife Pfirsiche und kandierte Aprikosen, wirkt schwerfällig und ja ich sage es: ein wenig alt(backen), zurückhaltende Säure (für die Saar) und die vorhandene Mineralik überzeugt uns auch nicht wirklich. Im langen Nachhall ebenfalls nicht sonderlich viel Spiel, sondern erneut eine ölige Frucht und mineralische Noten nach Wachs und leider sticht auch der Alkohol etwas hervor. Die hohen Bewertungen können wir nicht nachvollziehen, aber vielleicht hatten wir auch einfach eine schlechte Flasche.

Unter Freunden, 85 Punkte (sehr gut), damal 17,50 Euro ab Weingut, jetzt trinken

Riesling Große / Erste Gewächse 2009 – weitere erste Eindrücke…

Wie schon im ersten Beitrag zu diesem Thema angekündigt, sollten meinen Eindrücke von den diversen Händlerproben nicht die einzigen bleiben… Auch Thorsten hat seine Notizen inzwischen online gestellt! Bei einigen Weinen sind wir uns ziemlich einig – bei anderen gilt: Zwei Verkoster, drei Meinungen…

Aktuell sind damit nun rund 50 GG/EG erfasst… 

Loch Riesling (Weinhof Herrenberg) Saartyr, 2008

Helles strohgelb. In der Nase eine leicht cremige Zitrusfrucht, feine tropische Nuancen, ein kalkig-staubiges Mineral. Noch sehr jugendlich, aber schon zugänglich. Anders im Mund. Hier ist der Wein noch erkennbar zu jung: Saftige Zitrusnoten umspülen einen nicht ganz trockenen Fruchtkörper, der Wein hat eine mittlere Dichte. Saftig-(feinherb)süßlich, aber animierend verspielt – so der erste Eindruck, bis sich die kernige, fast noch resch wirkende (Saar-)Säure Respekt (und Speichelfluss) verschafft und die leicht cremigen Fruchteindrücke unwirsch zur Seite drückt. Ein straff-kerniger Nachhall, im dem Zitrus und eine gelbe Apfelfrucht im jugendlichen Zusammenspiel mit kräftigen, rauchdurchzogenen Mineraleindrücken mittellang nachhallen.

In einigen Jahren dürfte sich dieser Wein aus dem Schodener Herrenberg gefunden haben – aktuell stehen die Eindrücke noch zu deutlich nebeneinander. Er wird aber Spass machen, die Anlagen sind erkennbar gut! Blind verkostet, sechs Stunden karaffiert.

Ab Hof gekauft, 18,90 Euro, 87+ Punkte (sehr gut), ab Mitte 2012

Loch Riesling (Weinhof Herrenberg) Riesling QbA, 2009

Endlich, letzte Woche wurden die Loch-Rieslinge geliefert. Der 2008er war mein Favorit bei den letztjährigen Gutsweinen, aber hier soll es um den 2009er gehen: helles Strohgold mit grünen Reflexen. Noch recht kräftige Hefenoten und ein wenig Blumenkohl in der Nase, man spürt aber, wie sich die glasklaren Steinfruchtaromen nach vorne drängeln und aller Voraussicht nach in wenigen Monaten die Führung übernehmen werden. Erfrischend wie eine kühlende Brise der ersten Herbsttage nach der Sommerhitze. Klar wie ein Gebirgsbach, aber genauso kalt und verschlossen.

Natürlich ist er auch im Mund noch ein Tick zu jung. Hefenoten domineren den ersten Eindruck. Obwohl wir nur den QbA im Glas haben, schon jetzt Andeutungen an ein subtiles Spiel aus Aprikose, jungen weißen Pfirsichen und einer grazilen Mineralik. Eine aufgeweckte, fast gewitzte Mineralik tollt im Mund umher, weiß aber stets, wenn es genug ist. Nicht falsch verstehen, es ist ein Gutriesling, für mehr fehlt es ihm an Tiefe und insbesondere an Konzentration. Aber wie gut, dass es derartige leichte Player im Rieslinghimmel gibt. Denn Spiel hat er ausreichend, aber er ist halt zartbesaitet und als Solist für die Terrasse konzipiert. Und dafür liefert er ein Menge Stoff zum Beschäftigen und besonders viel Trinkspaß. Über den gesamten Verlauf bleibt der Wein in der Balance und liefert gar einen gewissen Überschuss an Nuancenreichtum: im Abgang leichte Cassisanklänge, Gräser und ein feiner Gerbstoff belegt Zunge und Lippen. Toller Gutsriesling, kein Schnäppchen, aber gemessen an der Qualität durchaus realistisch bepreist.

Vom Weingut, 9,50 Euro, 85 – 86+ Punkte (sehr gut), jetzt bis 2012

Von Othegraven Riesling Spätlese Ockfener Bockstein, 2005

Da ich nicht der 72. Wein-Blogger (gefühlt) sein möchte, der nach der überraschenden Übernahme durch Günter Jauch in diesem Frühjahr etwas zur Lage des Weinguts von Othegraven schreiben möchte, erzähle ich lieber ein wenig über die Lage des Weines aus dem Hause: den Ockfener Bockstein — gerne auch mal in Weinkreisen überzogen verniedlichend als „Ocki Bocki“ bezeichnet (schlimmer ist eigentlich nur noch die ebenfalls an Dämlichkeit grenzende „Ürzi Würzi“-Bezeichnung, aber diese Lage hatten wir ja in dieser Woche bereits auch schon kurz abgehandelt). Der Bockstein ist eine gut 50 ha große Einzellage in der Gemeinde Ockfen mit Grauwacke- und Devonschieferverwitterungsböden, durchsetzt mit quarzitischem Sandstein und teilweise gelber Feinerde. Die Neigung des nach Süd/Südost ausgerichteten Hanges beträgt bis zu 60 Grad. Insofern ist auch hier durchgehend Handarbeit Programm.

Helles Goldgelb. In der Nase feine Rauchtöne, reifer Pfirsich, deutlich auch roter Apfel und Cassis. Begleitet von merklicher Botrytis, Lindenblütenhonig und einem Hauch Karamell. Im Mund mit feinem Schmelz, voller, sehr saftiger Stil; der Restzucker ist präsent, wird aber vom Körper des Weines und seinem Säureskelett gut aufgenommen. Verhaltene, ganz leicht rauchige Mineralität. Der Stil bleibt rotfruchtig saftig, fast schon etwas ölig, aber dank der Säure nicht behäbig. Die Botrytis ist im Mund kaum zu vernehmen. Moderate Tiefe. Am Gaumen ein ganz leichter Gerbstoff, im mittellangen Abgang gesellt sich zu den rotbäckigen Äpfeln und den Cassisnoten auch ein leichter Buisquitschmelz hinzu. Ein geschmackvoller Wein, zugestanden, aber keine intellektuelle Herausforderung — insofern darf der Telefonjoker heute noch mal Pause machen. Undekantiert und offen über zwei Tage getrunken.

Aus der Restekiste im Fachhandel, 9 Euro, 88 Punkte (sehr gut), jetzt bis 2014

Van Volxem Riesling Wiltinger Kupp, 2004

Im Glas ein dichtes, reifes Zitronengelb, zur Mitte hinten dunkler werdend. In der überaus schönen Nase eine ausgeprägte charakteristische Melange aus reifen, sahnig-cremigen Zitrusnoten, Akazienblüten, auch rotbeerige Aromen, Erdbeeren. Dazu kommt als Konterpart eine rauchige, würzige, herb wirkende Schiefermineralik. Im Mund ungeheuer dicht, fast ölig. An Aromen Zitronen, aber auch herbe Quitten und weiter hinten ganz ausgeprägt speckige, salzige Noten mit Gruyere und Feuerstein. Die Mineralität begleitet die opulenten Aromen und bleibt im langen Abgang am Gaumen stehen. Aromatisch, intensiv, viel Extrakt, auch Restzucker. Trocken ist er damit nicht. Der Körper ist passend dazu vollmundig und holt viel aus den überraschenderweise nur 11,5 % Alkohol heraus. Die Säure ist weich und eher untergeordnet. Der Abgang hat schöne Länge. Leichte Gerbstoffe sorgen für Adstringenz. Interessant ist, was mit viel Luft passiert. Die Süße und die Fruchtaromatik verschwinden mehr und mehr und machen immer mehr Platz für die würzige, schieferige, petrolige Mineralität. Der Wein macht nicht unbedingt mehr auf, er wird vielmehr komplexer. Auch nach zwei Tagen besitzt er immer noch Kraft und Opulenz, von der Frucht gibt es allerdings kaum noch eine Spur.

Insgesamt ein sehr ungewöhnlicher, stark konzentrierter Riesling mit einer konsequent opulent-würzigen Stilistik. 92 Punkte wie von David Schildknecht bei Robert Parker sind nicht völlig unberechtigt, auf jeden Fall verdient er eine ausgezeichnete Bewertung. Und für eine solche ist auch der Preis nicht zu hoch. Degustiert nach einer bis fünf Stunden im Dekanter, nachverkostet zwei Tage später.

Im Fachhandel, 18,50 Euro, 90 Punkte (ausgezeichnet), bis 2010

Van Volxem Riesling Wiltinger Klosterberg, 2002

2002-VVWK2Dunkles strohgelb mit goldfarbenen Reflexen. Frisch geöffnet entweicht ein kleiner Sponti-Stinker aus der Flasche, die Nase öffnet sich dahinter aber recht schnell, entwickelt rauchige Noten, Orangencreme, Honigwürze und Kräuteranklänge, dazu leichte Reifenoten. Beim ölig wirkenden Antrunk zucke ich ein wenig innerlich zusammen, die Süße dieses Weines trifft mich unvermittelt, obwohl ich es hätte ahnen müssen, denn gerade im Jahre 2002 hat das Weingut deutlich mit dem Restzucker gespielt. Und gerade aus diesem Jahrgang habe ich in den letzten Jahren nun schon einige Flaschen der Lagenweine geleert… ich tippe mal, ein gutes Dutzend, eher mehr. Da weiss man eigentlich, was kommt. Und eigentlich konnte ich daran stets Gefallen finden… aber heute?

Ähnlich seinem Pendant aus der Lage Klosterberg Millichberg kommt auch dieser Wein, der auf Braunschiefer gewachsen ist, mit einer deutlichen Auslesestilistik einher. Allerdings, ihm fehlt im direkten Vergleich das animierende Spiel. Im Mund wirkt der Wein behäbig, mit kandierten Orangen, rauchig, sehr mineralisch, weitere kandierte gelbe Früchte, er hat auch einen gewissen Schmelz. Allein die Süße, sie lässt den Wein breit und unfokussiert erscheinen. Die weich wirkende Säure des Weines kommt hiergegen noch nicht (?) / nicht mehr (?) an — schwierig. Am Gaumen wird der Wein sehr rauchig und kippt dann geschmacklich etwas in herbe Orangecreme mit leicht salzigen Tönen. Klingt netter, als ein Bild meines Nippens am Glas es vermitteln würde: nach einem Glas fühle ich mich gänzlich satt. Der Wein hat einen mittellangen Abgang, der nicht der vielfältigste ist.  Es beschleicht mich im Verlauf der nächsten Tage das Gefühl: der wird wohl nicht mehr schöner. Offen und mit 2 Stunden Vorlauf in der Karaffe aus großen Gläsern probiert.

In 2004 für 11,80 Euro im Fachhandel gekauft, 83 Punkte (gut), jetzt trinken

Bernd van Volxem Riesling Wiltinger Braunfels Auslese, 1988

1988-vVWBWein und Essen zu kombinieren kann manchmal schwierig und spannend zugleich sein. Eine gute Freundin hatte meinem significant other zwei geräucherte Makrelen aus der Nordsee mitgebracht, die deren Großvater kurz zuvor dort eigenhändig gefangen und geräuchert hatte. Ich gebe zu, die Idee, eine alte Auslese dazu zu öffnen, war vielleicht ein wenig gewagt, aber die Kombination funktionierte dann doch überraschend ordentlich — die Räuchernoten des Fisches harmonierten ordentlich mit den Reifetönen und den Kräutern des Weines, die Säure nahm dem Fisch zudem ein wenig seiner Schwere. Das Weingut selbst ist inzwischen ja wieder wieder in aller Munde. Dieser Wein stammt jedoch aus einer Zeit, als van Volxem tätsächlich noch „van Volxem“ war und nicht, wie heute, unter der Leitung von Roman Niewodniczanski steht — dieser übernahm das Weingut erst zum Jahrtausendwechsel von den zwischenzeitlichen Besitzern in den 90er Jahren „Jordan und Jordan“.

Dunkles Goldgelb mit orangefarbenen Tönen. In der etwas verhaltenen Nase finden sich überaus angenehme, gar milde Reifetöne, Kräuter, Zitrusfrucht, Pflaumen und etwas Honig. Die Frucht ist im Mund schon ziemlich fortgeschritten, was wiederum die Kräuter mehr betont. Die Säure ist vital, aber bei Leibe nicht dominierend. Sensorisch ist der Wein inzwischen geschätzt recht nah an der Grenze von „halbtrocken“ zu „trocken“. Knapp mittellanger Abgang, hier trägt die Säure die Frucht (rosa Grapefruit) und die Kräuter, dazu gesellt sich zu den Reifetönen fein etwas Schiefermineralität. Als Essensbegleiter eine durchweg interessante Erfahrung. Offen probiert, fünf Stunden in der Karaffe belüftet.

5 Euro in der Restekiste eines Händlers, 82 Punkte (gut), austrinken