Kraftakt Pinot Noir VII — Frankreich gegen den Rest der Welt

Feature

Beginne das Jahr nicht mit kleinen Weinen. So halten wir es seit sechs Jahren mit unserem Kraftakt Pinot Noir und schickten 16 gereifte Spätburgunder ins Rennen. Dabei hatten wir diesmal so viele Franzosen und auch so viel Qualität wie noch nie am Start. Und trotzdem gab es endlich mal einen deutschen Sieger – einen wunderbar gereiften, superseidigen, auf ganz hohem Niveau charmanten Spätburgunder aus Heidelberg, den wir allesamt ins Burgund gesteckt hatten. Weiterlesen →

Weingut Trockene Schmitts Spätburgunder Spätlese trocken Randersackerer Sonnenstuhl „Konsequent“, 2005

IMG_0329Die Schmitts tragen die Ausrichtung ihrer Weine bereits im Namen, und so ist natürlich auch der beste Rotwein des Hauses konsequent trocken ausgebaut. 0,3 g/l Restzucker stehen auf dem Etikett und dazu noch erfreuliche 12,5% Vol. Alkohol. Es darf also gerne auch ein zweites Glas sein, vorausgesetzt das erste lädt dazu ein.

In der Nase finde ich eine harmonische Spätburgunder-Frucht. Reife Früchte, die mich an Brombeeren und Pflaumen erinnern, dazu noch wahrnehmbar, aber gelungen eingebunden, schokoladige Noten vom Fassausbau, keinerlei Alterstöne, im Hintergrund etwas Thymian und getrocknete Kräuter, mittlere Komplexität.

Am Gaumen ist der Wein harmonisch, von mittlerer Dichte, der Pinot läuft ruhig und unaufgeregt über den Gaumen, er zeigt eine seidige Textur und verwöhnt mich mit seinen schmelzigen Tanninen, es dominiert eine reife dunkle Beerenfrucht, ohne jede Aufdringlichkeit, auch hier harmonisch, mittlere Tiefe und Komplexität, dafür großer Trinkfluss. Ein Musterbeispiel, wie ansprechend deutsche Spätburgunder reifen können, denn alle Komponenten, auch die Säure und die Holznoten, sind zu einem stimmigen Gesamteindruck verschmolzen. Im durchaus guten bis sehr guten Nachhall viel Fruchtsüße und schmelzige Schokolade, er verbietet sich jeden kitschigen und aufdringlichen Eindruck. Jetzt herrlich zu trinken und mit Freude schenkte ich mir schließlich ein zweites Glas ein. Erfreuliches Preis-Leistungsverhältnis!

Vom Weingut, ca. 15 Euro, 87 Punkte (sehr gut), jetzt bis 2020

Riesling Große Gewächse 2014 – Allgemeine Einschätzung und Franken

GG2014 Wiesbaden Titelbild 2 (1 von 1)»Der Herrgott hat´s gegeben – nur nicht ganz freiwillig!« – so möchte man es 2014 hinterherrufen. So fasst Florian Lauer in seinem Rundbrief das Jahr für mich sehr passend zusammen. Wir müssen nicht drumherum reden, die Witterung war 2014 für viele Winzer eine Zumutung, besonders zur Lesezeit – ein schöner, warmer Landregen, der sich genüsslich in einigen Regionen über den gesamten Herbst hinzog. Wobei das Wetter in den einzelnen Regionen, ja sogar von Gemeinde zu Gemeinde, derartig unterschiedlich war, dass sich allgemeine Aussagen verbieten. Diese Unterschiede zeigten sich bereits in Mainz bei der Präsentation der Guts- und Ortsweine im März 2015. Auch die Performance der dort gezeigten Weine war sehr gemischt, von Enttäuschungen bis Highlights – es war alles dabei. Ich war daher gespannt wie ein Flitzebogen, wie sich diese heterogenen Voraussetzungen auf die Großen Gewächse auswirken würden. Weiterlesen →

Juliusspital Silvaner Würzburger Stein Großes Gewächs, 2012

GM1_5241Wie dieser Wein den Weg in meinen Keller fand?  Ich will davon berichten. Mich führte eine Dienstreise nach Würzburg. Nachdem ich entdeckte, dass mein Zug nach getaner Arbeit zurück gen Heimat noch über eine Stunde auf sich warten lassen sollte, entschied ich mich, die Wartezeit ein wenig sinnvoller zu gestalten als nur die Gleise anzustarren – und so fand ich mich nach wenigen Minuten Fußmarsch in der Probierstude des Weinguts wieder und probierte mich durch die verschiedenen Weinlinien des Hauses. Dieser Wein zog schnell mein Interesse auf sich, war er doch ein hoch mineralischer and kraftvoll strukturierter Wein, den ich schnell als gelungenen Essensbegleiter ausmachte und flucks zurück gen Bahnhof schleppte.

Recherchen in den einschlägigen Quellen während der Zugfahrt ergaben, dass die Steillage Stein mit 85 Hektar die größte zusammenhänge Einzellage in Deutschland ist – das war mir bis dahin noch gar nicht bewusst. Riesling und Silvaner werden in dieser Lage im überwiegenden Anteil auf seinen Muschelkalkböden angebaut. Das Weingut Juliusspital bewirtschaftet knapp ein Drittel der Fläche dieser Lage.

Der Wein hat eine hochreif wuchtige und jugendlich gelbfleischige Nase, zudem aber erdige und vegitabile Töne nebst dunkelwürziger steiniger Aromatik, es rollen die Felsbrocken schier durch das Glas.

Spätestens im Mund verlangt der Wein dringend die Speisenbegleitung eines kräftigen Sahnesoßen-Gerichts: dichter und leicht schmelziger Antrunk, dabei noch wohltuend trocken. Der „Stein“ macht auch hier seinem Namen alle Ehre, viel mineralischer Ausdruck, betont würzig-steinige Aromatik, die die dichte fleischig-gelbe Frucht fast überlagert. Extraktreich schiebt der Wein durch den Mundraum, dieser Wein ist wirklich ein Bolide. Leider kommt der Wein mit seinen 14% nicht ganz alkoholarm daher, aber er bleibt so gerade noch in der Spur, da er vornehmlich über seinen Extrakt getragen wird, bis er in einem langen Finish mit fast lakritzigen Tönen erdig ausfächert.

Als Solist wäre mir diese Wucht wohl zu heftig auf Dauer – aber zum kräftigen Essen passt das ausgezeichnet.

Ich sollte öfter auf Dienstreise gehen – jedenfalls, wenn Würzburg deren Ziel ist.

Ab Weingut gekauft, 23 Euro, 91 Punkte (ausgezeichnet), jetzt bis 2017+

VDP Weinbörse 2015: Pfalz und Franken

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Das Beste kommt zum Schluss – aus Zufall trifft das bei unserem Bericht von der VDP Weinbörse in Mainz zu. Denn nach den Anbaugebieten Rheinhessen und Mosel sowie Rheingau und Nahe kommen als letztes nun Pfalz und Franken an die Reihe. Und diese beiden Gebiete scheinen von den schwierigen Bedingungen im Jahr 2014 sogar profitiert zu haben. Die Weine sind nicht so stoffig geprägt wie in heißeren Jahren, durch die ganze Verkostung zog sich eine besondere Feinheit. Weiterlesen →

Kraftakt Riesling Teil VI – 2013

Schoffit Rangen de Thann Clos St. Theobald, 2005 (100 von 1)

Nach dem Highlight letzten Jahres war eines offensichtlich – besser geht es kaum (Hier lesen). Folgerichtig folgte unser diesjähriger Master of Wine Thomas andere Pfade und versuchte erst gar nicht die formale Qualität noch einmal zu überbieten, viel mehr suchte er aus der gewaltigen Auswahl, die ihm  die üblichen Weinnasen an möglichen Weinen gemeldet hatte, nur jene Tropfen heraus, die in den letzten Kraftakten nicht in Erscheinung traten. Es kam wie es kommen musste; wir hatten jede Menge authentische Weine im Glas, von insgesamt erstaunlich guter Qualität, wenngleich das Niveau des Vorjahres in der Breite klar nicht erreicht wurde. Mit dem 2005er aus dem Rangen de Thann von der Domaine Schoffit näherte sich nur ein Riesling der Kategorie Groß an, einige am Tisch billigten ihm dies auch zu. Ein überragender Riesling, der sich seit einigen Jahren konstant auf höchstem Niveau hält und noch heute ein Einkaufstipp ist. Zum ersten Mal ging damit die Rieslingkrone ins Elsass, was mich als Liebhaber dieser Region natürlich besonders erfreute.

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Weingut Schmitt´s Kinder Silvaner Randersackerer Sonnenstuhl Kabinett trocken, 2011

2011-SKRSSKtrDas Familienweingut Schmitt´s Kinder ist eines der fünf Weingüter der auf Terroir-Weine bedachten Vereinigung „Trias“.

Schon in aktuell zehnter Generation macht das Weingut aus Randersacker Wein – Frankenwein. Der vermeintlich ungewöhnlich Name des Weinguts geht übrigens auf einen Erbfall in der Vergangenheit zurück – anstatt das Erbe zu teilen hat die damalige Erbengemeinschaft das Weingut gemeinsam weiterbewirtschaftet. Und schnell war der Name für das fortan gemeinsame Tun gefunden…

Blasses Weißgold. Eine verhaltene, reine und sortentypische Nase bietet dieser Kabinett, in der sich erdige Noten, Zitrusabrieb, auch Mandarine und etwas Apfel zeigen – eine distinguierte, merklich Kühle verströmende Nase, insgesamt sehr ansprechend.

Im Mund überraschend spannungsgeladen für einen Kabinett, ein mineralischer und feinfruchtiger Auftakt, sehr balanciert und sehr trinkanimierend. Der Wein zeigt dabe eine feingliedrige Fruchtaromatik, die an Apfel und Mandarine erinnert. Der Wein hat seiner erste Jugendlichkeit hinter sich gelassen – und sich nunmehr gefunden. Trockenes Geschmacksbild, ohne jede Strenge. Die feine Frucht ist elegant und saftig zugleich, Leichtigkeit vermittelnd, für sein Prädikat aber angemessen. Guter Verlauf, mit ordentlichem Zug zum Gaumen hin. Dort zeigt sich eine stimmige mineralische Herbe, bevor die Frucht leise ausfächert.

Das Finale ist zwar etwas schnell beendet, aber dies ist ein Wein der Kategorie „dann schenk halt nach“ – und genau so wurde es gemacht!

Im Fachhandel gekauft, 10 Euro, 85 Punkte (sehr gut), jetzt bis 2014+

Wirsching Silvaner Iphöver Kronsberg Spätlese trocken, 2005

Es war ein großes Vergnügen, diesen Wein von seiner Jugend an bis ins höhere Alter zu verfolgen. Aus der Sturm-und Drangphase wilder Fruchtigkeit bis hin zu einer, in der der Wein — im Übergang befindlich — plötzlich einzelne Komponenten übermäßig betonte (so Ende 2008 noch: seine Säure), bis hin nun zu einem Stadium, in dem der Wein seinen inneren Frieden gefunden hat und am Gaumen anläuft wie eine sanfte Welle an einem langsam aufsteigenden Sandstrand…

27. April 201o:

Tiefes Goldgelb. Gereifte Nase nach rosa Grapefruit, Erde, Kräutern, etwas Mostapfel; alkoholischer Anklang, auch ein feiner Hauch Lack. Kraftvoller Auftakt im Mund mit mittelvollem Körper, geschmacklich mit mürbem, ins mostige gehenden Apfel, erdigen Noten, einem schmackhaften Bitterl; entwickelt im Mund mineralische Schärfe, man kann schon sagen: der Wein hat Pikanz, während seine Säure mild eingebunden ist. Wärmend am Gaumen, die gereifte Frucht ist hier kaum mehr zu definieren, eine „mürber Apfel-Zitrusmelange“ mit erdigen Anklängen, auch hier alkoholkräftige Nuancen; insgesamt vollreif, aber schön. Mittellanger Nachhall.

Eine letzte Flasche dieser Spätlese ist nun noch vorhanden, ich bin aus Experimentiergründen geneigt, sie einfach noch weitere ein bis zwei Spargelfrühlinge im Keller zu vergessen. Vielleicht ist der Wein dann schon senil. Oder aber: wieder anders…

14.Oktober 2012:

Der Wein hat sich nur wenig verändert, weshalb die Eindrücke sich heute wiederholen. Weiterhin Apfel- und Zitrusnoten in Nase wie Mund. Dazugesellt hat sich aber sowohl in der Nase als auch im Mund eine Nuance, die an gelbe Pflaumen erinnert.  Sehr kräutrig, allein die Pikanz ist nicht mehr so kräftig. Betont inzwischen seine Fruchtsüße, diese bildet mit den erdigen Noten einen angenehmen feinen Schmelz.

Der Wein ist reif und darf nun ausgetrunken werden. Bestätigt seine 85 Punkte…

Ab Hof gekauft, 8,90 Euro, 85 Punkte (sehr gut), jetzt austrinken

Weinbörse Mainz 2012: VDP. Die Prädikatsweingüter präsentieren den Jahrgang 2011

 

Ganz absichtlich hatte ich bisher einen großen Bogen um irgendwelche Kommentare und Berichte des Jahrgangs 2011 gemacht. Nur einige bekannte Winzer oder Freunde, die sich als Hobby-Winzer versuchen, klangen schon recht euphorisch ob der Qualitäten. Eben das gleiche Spiel wie jedes Jahr dachte ich insgeheim. Sei´s drum, ich konnte auf alle Fälle ohne große Vorurteile am 29. April 2012 zur Mainzer Weinbörse fahren um in der Breite den neuen Jahrgang der VDP-Betriebe zu verkosten. Um so schöner, dass Guido ebenfalls dabei war, was den Verkostungsergebnissen zweifellos zu Gute kam.

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Riesling Große / Erste Gewächse 2009 – weitere erste Eindrücke…

Wie schon im ersten Beitrag zu diesem Thema angekündigt, sollten meinen Eindrücke von den diversen Händlerproben nicht die einzigen bleiben… Auch Thorsten hat seine Notizen inzwischen online gestellt! Bei einigen Weinen sind wir uns ziemlich einig – bei anderen gilt: Zwei Verkoster, drei Meinungen…

Aktuell sind damit nun rund 50 GG/EG erfasst… 

Riesling Große / Erste Gewächse 2009 – erste Eindrücke…

Der 1. September  – es war einmal wieder so weit. Der jüngste, nunmehr neunte Große/Erste Gewächse-Jahrgang erscheint auf der Bühne und gelangt offiziell für den Konsumenten in den Verkauf. Und was hat man als weininteressierter Verbraucher in den letzten Wochen und Monaten nicht alles an Lobhudeleien und Vorschusslorbeeren für den Jahrgang 2009 lesen und hören dürfen – nahezu einstimmig und einsilbig war die Beschreibung von Winzern und Händlern: „groß“ – so schallte es mit dem tiefsten Brustton der (selbstredend völlig uneigennützigen) Überzeugung. Aber auch unabhängig von dieser (verständlichen) Trommelei, die Erinnerungen an den Herbst 2009 nährten schon einiges an Vorfreude, sich ein eigenes, erstes Bild zu machen… deshalb haben auch wir in diesem Jahr wieder die Möglichkeit genutzt, bei verschiedenen Händlerproben unsere Nasen in die Gläser zu halten… 

Weingut Fürst Riesling Pur Mineral QbA, 2008

Die Weißweinlinie „Pur Mineral“ stellt im Bürgstadter Weingut Fürst die Basislinie dar – es gibt sie in den Sorten Riesling, Weißburgunder, Silvaner und – auch da durchaus mit Spannung zu trinken – Müller-Thurgau. Da der Jahrgang 2008 für Franken einen guten Ruf genießt, ging mein Griff bei einem Händler aber bevorzugt zu dieser Rieslingflasche. Die 2009er Weine laufen einem ja nicht weg…

Strohgelb. Die zurückhaltende, wenngleich staffe Nase wartet auf mit grünem Apfel, einer scheuen gelben Pfirsichfrucht, mit kalkig-kreidigen Anklängen, etwas Jodeinschlag und einer schönen Zitrusfrische. Kräuter und ein ganz verhaltener Lakritzton komplettieren den gelungen Auftritt. Im Mund mit schlankem Antrunk, rassiger Säure und einer saftigen mineralischen Herbe, geschmacklich mit frischen grünen Apfel- und Zitruseindrücken – erst später gesellt sich eine versöhnende Pfirischfrucht hinzu – recht trockener Stil, mit 11,5 % wohltuend moderat im Alkohol. Knapp mittellang.

Was hier wirklich gefällt ist der Umstand, dass der Wein trotz fehlender Tiefe insbesondere in der Nase durchaus vielfältig ist und – in seiner straffen Art – insgesamt auch schlüssig. Eindeutig also eher ein Dur-Wein als einer der Sorte Moll. „Pur Mineral“ verspricht hier allerdings mehr, als der Wein einlösen kann, denn die mineralischen Komponenten sind nicht seine prägenden. „Riesling straff“ wäre treffender, klingt aber auch vergleichsweise dämlich, zugegeben. Insgesamt ein gelungener und animierender QbA, preislich jedoch ambitioniert. Offen und undekantiert probiert.

Im Fachhandel gekauft, 11,50 Euro, 85 Punkte (sehr gut), jetzt bis 2011

Brennfleck Silvaner Iphöver Kalb Kabinett trocken, 2007

2007-BIK„Komm, heut schlachten wir ein Kalb!“ — was auf den ersten Eindruck nach einer blutrünstigen Grillorgie klingt, endete dann doch weitaus harmloser: Messer und Knochensäge blieben im Schrank, allein ein widerstandsresistenter Korkenzieher sollte von Nöten sein, um den „Nicht-Natur“-Korken aus dem Bocksbeutel zu hebeln. Da wünscht man sich dann doch gleich einen Schraubverschluss stattdessen. Der Name „Kalb“ hat im Übrigen auch nichts weiter mit Rindviechern zu tun, der Lagenname geht vielmehr auf  eine Verknappung des Begriffes „kahler Berg“ zurück.

Helles Strohgelb mit leicht grünlichen Reflexen. In der zunächst verhaltenen Nase finden sich erdig-würzige Zitrustöne, insbesondere mit steigender Temperatur kommen noch dunkle Beeren hinzu. Auch der Antrunk wird von saftigen Limonennoten geprägt, wieder deutlich erdige Töne, seine 12% Alkohol werden durch den recht schlanken Körper noch eingebunden; eher geringe Tiefe. Herbwürziger und limoniger Abgang, etwas Schmelz, die herbwürzigen Noten bleiben eher kurz als mittellang stehen. Offen zum Essen getrunken (und in dieser Funktion ist der Wein stimmig), undekantiert.

Im Fachhandel gekauft, 6,40 Euro, 81 Punkte (gut), jetzt bis Ende 2010

Drei Frühburgunder aus dem Centgrafenberg

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Normalerweise verkosten wir in diesem Blog nur Weine, die wir selber erwerben und auch selber bezahlen — in der Regel bei den Winzern selbst oder bei den Weinhändlern unseres Vertrauens. Diese Verkostung lief etwas anders ab. Christoph Walter, Inhaber des Weinguts Josef Walter im fränkischen Bürgstadt, kam auf uns zu und versorgte uns mit drei Flaschen seines im Bürgstadter Centgrafenberg gewachsenen und im Barrique ausgebauten Frühburgunders „J“ aus den Jahren 2003, 2004 und 2005. Die Weine wurden nicht minder kritisch verkostet als alle anderen. Weiterlesen …

Wirsching Silvaner Iphöfer Julius-Echter-Berg Spätlese trocken „S“, 2005

2005-WJEBSStrohgelb mit goldenen Reflexen. Schon beim ersten Schwenken des (Bordeaux-)Glases fällt auf: der Wein hat eine ungemein hohe Viskosität, die Tränen kriechen wie in Zeitlupe zurück zum Grund des Glases. Dies lässt einen Brocken von Wein erwarten… In der präsenten Nase Zitrustöne und reintönig Birne, ergänzt durch einen vegitabilen Ton, der zunächst an frische Kohlrabi erinnert, sich dann aber mit mehr Luft in einen erdig-würzige Ton wandelt, etwas weisser Pfeffer, später deutlicher Kräuter, auch ein feiner Alkoholtouch ergänzen das Aromenbild. Im Antrunk mächtig, hoher Fruchtextrakt mit saftigem Birnengeschmack, pfeffrig, verhalten mineralisch, mit mehr Luft auch deutlich Kräuter. Ungemein druckvoll am Gaumen, dem nicht zu verleugnenden hohen Alkolholgehalt von 14 % stellen sich die Birnenfrucht und die Kräutertöne — auch wieder etwas Pfeffer — mit Nachdruck entgegen und überwinden ihn. Reife Säure, bei guter Struktur. Der Wein hallt sehr, sehr lange und kraftvoll nach; da auch hier viel kräutrige Zitrus- und Birnenfucht mitklingt, gelingt es den alkoholstarken Zügen des Weines nie, die Oberhand zu gewinnen. Wirkt der Wein im ersten Eindruck noch wie ein Kraftblender, kann er mit mehr Luft doch noch deutlich hinzugewinnen und seinen kraftvollen, aber geschliffenen und insgesamt vielfältigen Eindruck verfestigen.

Ein wunderbarer Essensbegleiter zu Rinderrouladen mit Wirsing. Meine Trinkempfehlung ist hinsichtlich der weiteren Lagerdauer dennoch vorsichtig, denn wenn der Alkohol mit mehr Reife eventuell bei schwindender Frucht dominanter werden sollte, dürfte der Wein aus den Fugen gehen – was er aber aktuell jedenfalls so noch nicht zeigt. Die Mutigen können ihm einige Jahre weiterer Reife zugestehen, ich werde eher konservativ bleiben, denn dafür schmekt er mir aktuell viel zu gut. Offen verkostet, eine Stunde in der Karaffe.

Ab Weingut bezogen, 14,50 Euro, 90 Punkte (ausgezeichnet), bis 2010 trinken.